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Ein zweites Camp David?

■ Israel soll Syrien ein Abkommen nach ägyptischem Vorbild angeboten haben

Tel Aviv (taz) – Ist ein Frieden zwischen Israel und Syrien näher, als allgemein vermutet? Laut israelischen Presseberichten hat die israelische Regierung Syrien insgeheim eine Friedenslösung nach dem Modell des Camp-David-Abkommens mit Ägypten vorgeschlagen. Die in Tel Aviv erscheinende Tageszeitung Haaretz berichtete gestern, US-Außenminister Warren Christopher habe Syriens Staatschef Hafis al-Assad bei seiner letzten Nahostreise einen entsprechenden Vorschlag überreicht. Laut Haaretz erklärt sich Israel darin bereit, die 1967 eroberten Golanhöhen innerhalb von drei Jahren in mehreren Etappen zu räumen. Nach dem Beginn der ersten Rückzugsphase sollen beide Staaten diplomatische Beziehungen aufnehmen.

In Jerusalem bestätigten gestern hohe israelische Beamte, das „ägyptische Modell“ stünde im Mittelpunkt der israelisch-syrischen Verhandlungen. Israels Regierungschef Jitzhak Rabin erklärte kürzlich: „Wenn Assad die Gegenleistung bekommen will, die Sadat erhalten hat, muß er uns auch geben, was Sadat geliefert hat.“ Der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat war 1977 nach Jerusalem gereist. Das anschließend in Camp David – dem Sommersitz des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter – unterzeichnete ägyptisch-israelische Abkommen sah einen auf drei Jahre gestreckten Rückzug der Israelis aus dem Sinai bis zu der internationalen Grenze vor. Nach der ersten Rückzugphase wurden diplomatische Beziehungen aufgenommen. Nach Informationen von Haaretz hat Assad Vorbehalte gegen die Normalisierung der Verhältnisse, während noch israelische Siedlungen auf dem Golan bestehen. In Damaskus will man die Beziehungen dem jeweiligen Stadium des Abzugs anpassen. Zusätzlich fordert der syrische Staatschef „symmetrische Sicherheits-Arrangements“ auf beiden Seiten der Grenze. Israel verlangt solche Arrangements auf syrischem Territorium.

Über die Geschwindigkeit der israelisch-syrischen Verhandlungen herrschen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungen der USA und Israels. Christopher möchte die durch den Handschlag zwischen Rabin und dem jordanischen König Hussein ausgelöste Dynamik nutzen und treibt zu schnellen Verhandlungen. Rabin versucht Christopher jedoch zu überreden, seine für die erste Augusthälfte angekündigte nächste Nahostreise, zu verschieben. Das Anliegen hat vor allem innenpolitische Gründe: Durch das Abkommen mit Jordanien hat Rabin fast alle israelischen Parteien auf seine Seite gebracht. Der Moment scheint ihm geeignet, seine relativ schwache Regierungskoalition nach rechts zu erweitern. Verhandlungen über einen selbst in Rabins eigener Arbeitspartei umstrittenen Abzug vom Golan würden die Einigkeit jedoch wieder zerstören. Amos Wollin

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