: Irmgard Möller: Kommt sie frei?
■ Freilassung der RAF-Gefangenen scheitert vorerst an Modalitäten eines Gutachtens
Irmgard Möllers Chancen auf „vorzeitige“ Entlassung aus lebenslanger Haft blieben ungewiß. Der schleswig-holsteinische Justizminister Klaus Klingner (SPD) erklärte gestern, die frühere Aktivistin der RAF habe in 22 Jahren für ihre Taten schwer gebüßt. Allerdings hänge die Entscheidung der zuständigen Lübecker Strafvollstreckungskammer immer noch an dem im Entlassungsverfahren vorgeschriebenen Gutachten über die sogenannte „Gefährlichkeitsprognose“. Klingner reagierte damit auf den am Mittwoch begonnenen Hungerstreik von zwölf früheren RAF-Mitgliedern, mit dem diese insbesondere an Möllers Schicksal erinnern wollen.
Die Gefangene lehnt ein psychiatrisches Gutachten auf Grundlage einer persönlichen „psychiatrischen Exploration“ ab, weil sie nicht wegen eines psychischen Defekts in Haft sei, sondern als Ergebnis eines „politischen Konflikts“. Sie würde sich aber nicht gegen ein Gutachten „nach Aktenlage“ – also auf Basis der im Laufe der Haft angesammelten Akten – wehren. Diese Möglichkeit hatte der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr mit einem Beschluß in einem anderen Verfahren eröffnet. Allerdings sieht sich der von der Lübecker Kammer beauftragte Gutachter bisher nicht in der Lage, allein aufgrund von Akten zu gutachten. Auch nach einer gerichtlichen Anhörung der Gefangenen Ende Juni in Anwesenheit des Psychiaters hat sich daran nichts geändert. Die Strafvollstreckungskammer forderte ihn daraufhin auf, „weitere Erhebungen anzustellen“. Außerdem schlugen die Richter eine weitere Expertise eines Sozialwissenschaftlers vor und benannten den Frankfurter Kriminologen Alexis Albrecht. Dieser Vorschlag wurde jedoch sowohl von Irmgard Möller als auch von der Staatsanwaltschaft Heidelberg abgelehnt, die als Möllers frühere Anklagebehörde einer eventuellen Entlassung zustimmen muß.
Nach Überzeugung der Hamburger Anwältin Anke Brenneke- Eggers, die Irmgard Möller vertritt, wird die Staatsanwaltschaft jedes Gutachten als „unzureichend“ ablehnen, das nicht auf einer persönlichen Exploration Möllers beruht. Das gehe aus deren Einlassungen vor und während des Anhörungstermins im Juni hervor. Damit ginge das Verfahren in die nächste Instanz. Verhindern kann das der baden-württembergische Justizminister Thomas Schäuble (CDU), dem die Heidelberger Staatsanwälte unterstehen. Schäuble müsse ein „Machtwort“ sprechen, hieß es gestern in Kieler Justizkreisen, und „die Dinge so lenken, daß Möller entlassen wird“. Gerd Rosenkranz
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