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„Jäger light“ wiegt mühlsteinschwer

Die Kostenexplosion beim Jagdflugzeug „Eurofighter 2000“ belastet den angeschlagenen Verteidigungsminister / SPD fordert: Rühe soll Jagdflieger unverzüglich stoppen  ■ Von Hans Monath

Bonn (taz) – In der kurzen Geschichte der Bundeswehr ist noch jede Anschaffung eines neuen Flugzeugsystems für einen Skandal gut gewesen. Nun trifft es Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU). Sein politisches Schicksal ist seit dem Wochenende mit dem des „Eurofighters 2000“ verknüpft. Das gemeinsam mit England, Italien und Spanien geplante Jagdflugzeug wird offensichtlich erheblich teurer, als die Hardthöhe bislang zuzugeben bereit war. Für den ehemaligen CDU-Hoffnungsträger Rühe aber ist die Kostenexplosion des Fliegers nur einer von vielen Mühlsteinen, die er mit sich herumschleppt. Nicht nur profilierungssüchtige FDP-Abgeordnete sprechen ihm inzwischen die Eignung für seinen Job ab.

Unvergessen ist im Verteidigungsausschuß, wie der Minister „ruderte“, als er die Konzeption für eine künftige Bundeswehr vorstellen sollte. Übel nehmen Abgeordnete ihm auch, daß er sich zwar in der Sicherheitspolitik zu Hause fühlt und häufig durch die Welt jettet, die knochentrockenen Hausaufgaben eines Hardthöhen-Chefs aber nur unwillig löst. Mit dem Eurofighter droht dem CDU-Politiker nun ausgerechnet ein Projekt zum Verhängnis zu werden, das er selbst nie gewollt hat. Beim Erstflug des Flugzeugs, der im britischen Warton Anfang Mai mit großem Pomp begangen wurde, fehlte Rühe ostentativ.

Gleich nach seinem Amtsantritt im Frühjahr 1992 hatte Rühe gegen den Jäger 90 Front gemacht: Das Projekt sei mit ihm nicht zu machen, den Arbeitslosen im Osten könne er nicht erklären, warum hier sinnlos Millionen verpulvert würden, erklärte er damals. Doch dem Zangengriff der Industrie und der europäischen Partner war der neue Minister nicht gewachsen: Als die deutsche Spitzenindustrie meuterte, lenkte Rühe ein: Er bot an, aus den bereits fertigen Komponenten des Jäger 90 ein neues, billiges Jagdflugzeug bauen zu lassen – den „Jäger light“.

Der Jäger light aber wurde immer schwerer. Der Bundesrechnungshof schätzt seine Stückkosten auf 150 Millionen Mark (Rühe wollte 103 Millionen bezahlen). Der Jäger 90 war schon mit 135 Millionen Mark als zu teuer abgelehnt worden. Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Ingrid Matthäus-Maier forderte gestern den sofortigen Stopp des geplanten Jagdflugzeugs. Andernfalls werde es zu einer Haushaltslücke von zwei Milliarden Mark kommen. Der Rechnungshof kritisiert auch, daß der Eurofighter gegenüber der russischen MiG-29 „keinen Leistungssprung“ erkennen lasse. Die MiG-29 ist wesentlich billiger. Vor der Idee, die Maschinen der ehemaligen Feinde anzuschaffen, „graust es Militärs und Industrie“, weiß SPD-Verteidigungsexperte Walter Kolbow. Er empfiehlt: „Wenn man damit 13 Milliarden Mark sparen kann, muß man das politisch seriös prüfen.“

Bei diesen Preisen könnten von den Eurofightern nur 85 statt der geplanten 140 Stück finanziert werden. Weniger Flugzeuge aber bedeuten auch weniger Aufträge für die Industrie. Weil Rühe nun den Kampf um die alten Stückzahlen aufnehmen wird, rügt SPD- Mann Kolbow: „Es darf keine taktischen Rücksichten des Ministers gegenüber der Industrie geben.“

Die Hardthöhe hat die Angaben des Rechnungshofs umgehend dementiert: Deutlich billiger als der auf 135 Millionen Mark veranschlagte Jäger 90 soll der Eurofighter angeblich werden. Wie stichhaltig solche Beteuerungen sind, wird sich am 6. September zeigen. Dann will die Opposition im Verteidigungsausschuß den Eurofighter zum Thema machen. Viel Erfolg wird Rühe allerdings nicht zugetraut. Ein Abgeordneter: „Der läuft auf eine Wand zu.“

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