„Verlierer der deutschen Einheit“

■ Eine kommentierende Studie der Berliner FU zur PDS

Berlin (taz) – Die Freie Universität Berlin (FU) greift in den Wahlkampf ein. Unter dem Titel „Die PDS: Partei der DDR-Pioniere“ hat sie Ergebnisse einer Telefonumfrage unter rund 77.000 Mitgliedern und Wählern der großen Parteien veröffentlicht. Laut FU ist die PDS eine „graue Truppe“, deren Mitglieder zu 38 Prozent über 65 Jahre alt sind, zur „Gründergeneration der DDR“ gehörten und nur zu einem Viertel erwerbstätig sind. Zwei Drittel der PDS-Mitglieder befänden sich im Ruhestand, ihr Nettoeinkommen sei „vergleichsweise gering“ – 80 Prozent der PDSler verdienen unter 3.500 Mark. Bei dieser niedrigen Einkommenstufe bleiben Christdemokraten, SPD und Grüne unter 40 Prozent. Auch die PDS-Wähler verdienen durchschnittlich weniger als die Wähler der anderen Parteien.

Die Jahrgänge vor 1930 und zwischen 1930 und 1939 – ebenfalls zwei Drittel der PDS-Mitglieder – werden in der Studie als „Pioniere des DDR-Sozialismus“ bezeichnet, deren „Lebenswerk nun gescheitert ist“. Sie „dürften sich um die Früchte ihrer Arbeit betrogen fühlen und als die Verlierer der deutschen Einheit betrachten“.

Wolfgang Gehrcke, stellvertretender Vorsitzender der PDS, kritisierte gegenüber der taz den „kommentierenden Drall“ der FU-Veröffentlichung. Die Studie sei in Sachen Überalterung der Mitglieder zwar tendenziell korrekt – doch sei der Begriff „DDR- Pioniere“ fragwürdig: „Man kann auch sagen, das sind die Leute, die unter dem Faschismus gelitten und Widerstand geleistet haben und an ihren Grundüberzeugungen festgehalten haben.“ Zudem bastele die Studie an dem Mythos, daß die PDS-Anhängerschaft „hochdiszipliniert, jederzeit abrufbar und leicht zu den Urnen zu treiben ist“. Dabei bezog sich Gehrcke auf die FU-Ergebnisse zum politischen Interesse. Dabei hatten 29 Prozent der PDS-Wähler „sehr starkes“ politisches Interesse bekundet, während dies bei den Christdemokraten und SPD nur jeweils 13 und bei den Grünen 14 Prozent angaben. Für die FU erlaubt dies den Rückschluß auf eine Basis, die bei Wahlen „problemlos“ zu mobilisieren ist. Weil das nicht für die Anhängerschaft der anderen Parteien gelte, „profitiert die PDS generell von einer geringen Wahlbeteiligung“. Außerdem merkte PDS-Vize Gehrcke an, daß die Befragung zur finanziellen Lage die immer noch sehr unterschiedlichen Lohnniveaus in Ost und West nicht differenziert berücksichtige. kotte