piwik no script img

Belgrad will keine Embargo-Kontrolle

■ UN-Sicherheitsrat will Karadi-Serben Frist zur Annahme des abgelehnten Friedensplans geben / Bosnische Armee besiegt westbosnische Autonomisten / Luftbrücke nach Sarajevo wieder aufgenommen

Berlin (taz) – Die Bundesrepublik Jugoslawien will ihr Embargo gegen die bosnischen Serben nicht kontrollieren lassen. Dies sei eine „innerserbische Angelegenheit“, so der Außenminister des aus den exjugoslawischen Republiken Serbien und Montenegro bestehenden Staates, Vladislav Jovanović, gegenüber einer internationalen Gruppe von Parlamentariern. Der isländische Abgeordnete Geir Haarde betonte, der Delegation sei deutlich gemacht worden, daß die Anwesenheit ausländischer Beobachter an der Grenze zu Bosnien nicht erwünscht sei.

Damit stellt sich erneut die Frage, wie ernst es den Verantwortlichen in Belgrad mit ihrem Embargo gegen die bosnischen Serben ist. In der letzten Woche hatte der serbische Präsident Slobodan Milošević die Einstellung der Hilfe für den bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić verkündet. Zuvor hatte dessen „Parlament“ den Bosnien-Friedensplan der Kontaktgruppe, einer Initiative der USA, Frankreichs, Englands, Rußlands und der Bundesrepublik, abgelehnt.

Den Abbruch der Beziehungen bzw. die Einstellung der Unterstützung für Pale hatte Milošević allerdings schon einmal angekündigt. Und auch damals, vor über einem Jahr, als Karadžićs „Parlament“ im Luftkurort Pale bei Sarajevo den Vance-Owen-Plan ablehnte, hatte sich der selbst mit einem UN-Embargo belegte Staat nach einigen Tagen geweigert, sein Embargo kontrollieren zu lassen – um es nach einigen Wochen aufzuheben. Zumindest zur Zeit scheint Rest- Jugoslawien nach Erkenntnissen des US-Außenministeriums die Grenzen in der „Serbischen Republik“ in Bosnien geschlossen zu halten. Die bisherige Einhaltung könne der Anfang einer vielversprechenden Entwicklung sein, sagte der Sprecher David Johnson gestern. Es seien aber „mehr als ein paar Tage“ nötig, um mehr sagen zu können.

Der UN-Sicherheitsrat will den bosnischen Serben eine etwa einwöchige Frist zur Annahme des abgelehnten Kontaktgruppen- Plans zugestehen. Der amtierende Ratspräsident Juli Woronzow teilte mit, der Rat arbeitete gegenwärtig an zwei Entschließungen, die die vor 26 Monaten gegen Rest-Jugoslawien verhängten Sanktionen je nach Bedarf lockern oder verschärfen würden. Die bosnischen Serben wollen am 27. und 28. August in einer Volksbefragung ihre Ablehnung des Kontaktgruppen-Plans durch die Bevölkerung ratifizieren lassen.

Derweil stehen bosnische Regierungstruppen im äußersten Westen der Republik offenbar kurz vor einem Sieg über die Autonomisten um den Wirtschaftsmanager Firket Abdić. Laut UN-Angaben flohen 1.600 Abdić-Soldaten und rund 5.000 Zivilisten aus der „Autonomen Provinz Westbosnien“ in die „Serbische Republik Krajina“ im benachbarten Kroatien. Abdić, der sich vor einem Jahr von der Führung in Sarajevo losgesagt hatte und seitdem einen schwungvollen Handel mit den Serben betrieb, soll sich in seiner Hochburg Velika Kladuša verschanzt haben.

Nach fast drei Wochen wurde gestern die Luftbrücke zur Versorgung von Sarajevo wieder aufgenommen. Die Luftbrücke in die nach wie vor von serbischen Truppen umstellte bosnische Hauptstadt war am 20. Juli eingestellt worden, nachdem UN-Transportflugzeuge beschossen worden waren. Rüdiger Rossig

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen