: Keine Entlastung durch Verkauf
Senat will, daß die ehemaligen Eigenbetriebe ungenutzte Flächen verkaufen / Ertragslage wird sich dadurch aber nicht verbessern / BVG-Vorstandsmitglied: „Vergebliche Hoffnung“ ■ Von Severin Weiland
Die früheren Eigenbetriebe der Stadt sollen ihre Defizite verringern, in dem sie ungenutzte Grundstücke verkaufen. Deckungslücken im Haushalt der Unternehmen, die sich unanbhängig von den jeweiligen Landeszuschüssen ergeben, werde der Senat künftig nicht mehr ausgleichen, begründete der Sprecher der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe, Tomas Spahn, den jüngsten Beschluß zum Doppelhaushalt 1995/96. Daher sollten die ehemaligen Eigenbetriebe, die seit Anfang dieses Jahres als Anstalten des öffentlichen Rechts firmieren, künftig „alle Möglichkeiten der Geldakquise ausschöpfen“. Dazu gehöre in letzter Konsequenz auch die Veräußerung von Flächen.
Im Mittelpunkt der Überlegungen steht die BVG, deren Defizite und „gegebenenfalls“ Zuschußbedarf durch die Veräußerung von „nicht betriebsnotwendigen Grundstücken“ verringert werden „könnte“, wie es im entsprechenden Senatsprotokoll heißt. Nur wenig Begeisterung löst die Vorgabe in der BVG-Chefetage aus. „Das ist eine vergebliche Hoffnung“, so der Kommentar von BVG-Vorstandsmitglied Joachim Niklas. Die rund 970 Millionen Mark, die dem Unternehmen im kommenden Jahr aus dem Landeshaushalt zugewiesen werden, könne man kaum durch ein „paar Millionen“ aus Grundstücksverkäufen entlasten. Statt Flächen zu verkaufen, will die BVG lieber über Erbpachtverträge oder Zwischennutzungen zu mehr Geld kommen.
Ohnehin stehen einem direkten Durchgriff des Senats rechtliche Probleme entgegen. Die Anstalten des öffentlichen Rechts gehören zwar zu 100 Prozent dem Land, wurden aber errichtet, um wirtschaftlich unabhängiger als in früheren Zeiten zu agieren. Für Grundstücksverkäufe wäre in jedem Fall die Zustimmung des Vorstandes und Aufsichtsrates notwendig. „Es kann nicht so sein, daß die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe einfach die BVG zum Verkauf bestimmter Grundstücke zwingt“, meint Niklas.
Bei der Berliner Stadtreinigung (BSR), die bei der Straßenreinigung zu 25 Prozent vom Senat bezuschußt wird, will man Grundstücksverkäufe nicht generell ausschließen. Derzeit habe man jedoch eher das Problem, über zuwenig eigene Flächen zu verfügen, erklärt BSR-Sprecherin Sabine Thümler. Im Osten gebe es Probleme mit den Rückübertragungsansprüchen früherer Eigentümer, im Westen seien viele Grundstücke lediglich gepachtet.
Die Berliner Hafen- und Lagerhaus-Betriebe (BEHALA) und die Berliner Wasser-Betriebe (BWB), die bislang keine direkten Zuschüsse aus Landesmitteln erhielten, sehen derzeit keinen Bedarf, sich von Grundstücken zu trennen. „Da wir keine originär öffentlichen Aufträge wie die BVG zu leisten haben, hängen wir auch nicht am Tropf des Senats“, erklärt BEHALA-Geschäftsführer Rainer Frohne. Für die expandierende Anstalt, die allein im ersten Halbjahr einen Gewinn von 800.000 Mark verbuchen konnte, steht ein Flächenverkauf nicht an. Hier sind die Probleme ähnlich gelagert wie bei der BSR. Erst jüngst erwarb man ein neues Gelände am Neuköllner Hafen. Zusätzliche Einnahmen werden aus den Mietverträgen mit privaten Betonmischwerken gewonnen, die auf vier von insgesamt fünf BEHALA-Häfen betrieben werden.
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