piwik no script img

Minigipfel im Gaza-Streifen

■ Jitzhak Rabin und Jassir Arafat hatten sich nur wenige Nettigkeiten zu sagen

Tel Aviv (taz) – „Minigipfel“ nannten israelische Politiker und Journalisten abwertend die Zusammenkunft von Israels Ministerpräsident Jitzhak Rabin und PLO- Chef Jassir Arafat am Mittwoch im Gaza-Streifen. Das Treffen des Staatschefs mit dem Vorsitzenden der palästinensischen Autonomiebehörden fand in düsterer Atmosphäre statt und konnte nur mit Mühe in korrekten Formen gehalten werden. Die Zusammenkunft stand in krassem Gegensatz zu dem glanzvollen Treffen zwischen Rabin und Jordaniens Kronprinz Hassan wenige Tage zuvor an der israelisch-jordanischen Grenze.

Das Treffen fand auf Bitten Arafats statt und sollte dem Krisenmanagement dienen. Der PLO-Chef hoffte, gemeinsam mit Rabin wenigstens einige der Probleme zu lösen, die sich seit der Unterzeichnung des Autonomie- Abkommens am 4. Mai angehäuft haben. Jedoch wurden sich die beiden Gesprächspartner nur darüber einig, daß weitere Verhandlungen notwendig sein werden.

Die Liste der Klagen Arafats war lang: Immer noch sitzen Palästinenser in israelischen Gefängnissen. Die Anwesenheit palästinensischer Posten an Grenzübergängen ist noch nicht geklärt. Unklar ist, wie der Verkehr zwischen den beiden Autonomie-Gebieten Jericho und Gaza geregelt wird. Im Zentrum der Differenzen steht jedoch die Frage: Was geschieht nach der Verwirklichung der palästinensischen Teilautonomie in den beiden Gebieten? Schließlich trägt das zwischen der PLO und Israel geschlossene Abkommen den Titel „Gaza–Jericho zuerst“. Die Frage ist nun, in welchem Umfang Israel bereit ist, die Selbstverwaltung auf weitere Teile der Westbank auszudehnen.

In dem in Oslo ausgehandelten Grundsatzabkommen hat sich Israel verpflichtet, gleich nach Einführung der Autonomie im Gaza- Streifen und in Jericho den Palästinensern auch einige Verwaltungsressorts in der Westbank zuzugestehen. Damals war von den Bereichen Erziehung, Gesundheit, Sozialfürsorge, Tourismus und Besteuerung die Rede. Dazu ist es jedoch noch nicht gekommen, weil Israel über Bedingungen für die Übergabe verhandeln will. Der israelische Chefunterhändler mit den Palästinensern, General Danny Rothschild, erklärte dem palästinensischen Verhandlungsführer Nabil Schaath, diese Verwaltungsressorts würden nur dann übergeben, wenn die Palästinenser „beweisen“, daß sie auch Steuern eintreiben und ihr Gesundheitswesen und die Schulen in der Westbank selbst finanzieren können. Schaath erwiderte, die Finanzierung sei einzig Angelegenheit der Palästinenser und ginge die Israelis nichts an. Die Verzögerung betrifft auch die Wahlen zu der palästinensischen Autonomieverwaltung. Laut dem Abkommen zwischen der PLO und Israel hätten diese bereits im Juli stattfinden sollen. Die Israelis bestehen nun aber darauf, daß die Palästinenser erst die anderen Verwaltungsbereiche übernehmen, bevor gewählt wird. Palästinensische Vertreter behaupten angesichts dieser Blockade, Israel sei an keinen wesentlichen Änderungen des Status quo in der Westbank interessiert; jedenfalls nicht vor den nächsten Knesset-Wahlen, und die finden in zwei Jahren statt.

Arafat beschuldigte Rabin, mit Hilfe des jordanischen Königs Hussein die PLO aus ihren Positionen zu drängen. In der zwischen Israel und Jordanien ausgehandelten Friedenserklärung wird Hussein als Schutzherr der islamischen heiligen Stätten in Jerusalem genannt. Arafat, der selbst gerne in einer „palästinensischen Hauptstadt Jerusalem“ residieren würde, fühlt sich dadurch brüskiert. Palästinensische Persönlichkeiten sind der Ansicht, daß nur noch ein Gipfel zwischen Hussein und Arafat eine weitere Verschärfung des Konflikts verhindern kann.

Arafat machte Israel auch dafür verantwortlich, daß die Weltbank den Palästinensern zugesagte Gelder zurückhält. Rabin wies die Anschuldigungen jedoch zurück und erklärte sich bereit, gemeinsam mit Arafat an die Geldgeber zu appellieren, die versprochenen Beträge unverzüglich zu überweisen. Amos Wollin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen