■ Schöner leben: Die Solarfalle
Wie hat's der liebe Gott doch so gut eingerichtet mit den Bedingungen für die erneuerbare Ernergie, daß man glauben muß, Gott ist ein Grüner: ER hat Jahreszeiten gemacht, die lassen die Wellen schnellen und die Fluten springen, und schon rechnet sich das Gezeitenkraftwerk. Dann wieder läßt ER Stürme toben und an den Windrädern drehen wie verrückt, daß den Betreibern die Markstücke nur so in den Geldbeutel hüpfen. Und in jedem Jahrhundertsommer läßt ER die Solaranlagen kochen, daß sich der Umweltfreund beim Waschen die Hände verbrüht. Und die Atommafia kriegt die Krätze.
Doch besuchen wir Hartmut K., seit kurzem stolzer Besitzer einer solaren Brauchwasseranlage mit eingebauter Renditegarantie. Nanu. Was tut der Mensch? Gießt sein brüllheißes Sonnenwasser kannenweise auf Weg und Steg, ja hat ihn denn die Sonne gestochen? Das teure Naß!
Und siehe, falsch ist die Welt, seit Adam in den Apfel biß, und Hartmut K. unglücklich. Heißes Wasser hat er, wie in den Prospekten versprochen, im Übermaß, doch niemand braucht es! Spülen? Die Frau wollte ja unbedingt eine Spülmaschine. Ausgiebig baden? Das Wetter... Schwitzende FreundInnen, sofern sie nicht eh im Urlaub sind, winken müde ab, wenn er zum Gratisvollbad lädt. Vor Verzweiflung hat Hartmut K. jüngst in der Nacht sein Auto heiß gewaschen, wurde aber dabei ertappt. Jetzt gießt er heißes Wasser aufs wuchernde Grün zwischen seinen Pflastersteinen und hat Tötungsabsichten. Besser als Gift, gewiß, aber ganz kann er sich dabei nicht in die Augen blicken.
Das ist die Solar-Falle. Die Sonne brennt am hitzigsten, wenn man ihre Energie am wenigsten braucht. Im Winter aber, wenn wir uns aufs heiße Vollbad freuen, schweigt die Solaranlage, und die Atommafia jubiliert. Und Hartmut K.? Hat die Anlage abgestellt und ist in Urlaub gefahren.
Burkhard Straßmann
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