■ Polizei verhindert „Rudolf-Heß-Gedenkmärsche“: Was uns ein stilles Wochenende lehrt
Eins zeigt das letzte Wochenende: Neonaziaufmärsche und „Gedenkveranstaltungen“ für den Hitler- Stellvertreter Rudolf Heß lassen sich unterbinden – man muß es nur wollen. Die Fuldaer Igel-Hase-Spiele von 1993 zwischen Rechtsextremen und Polizei fanden diesmal nicht statt. Den braunen Organisatoren blieb angesichts der Veranstaltungsverbote und der Sicherheitsvorkehrungen am Ende nichts übrig, als ins nahe Luxemburg auszuweichen. Polizei und Gendarmerie taten dort die Arbeit, für die sie bezahlt werden. Die Aktion der Neonazis vor der deutschen Botschaft war in weniger als einer Stunde beendet. Den Rechtsextremen halfen weder konspirative Treffvorbereitungen noch der Einsatz von Mobiltelefonen. Selbst gezielt gestreute Faschmeldungen über mögliche Versammlungsorte führten – anders als in Fulda – nicht zu dem Ergebnis, schließlich doch aufmarschieren und neues braunes Selbstbewußtsein demonstrieren zu können. Es war das Wochenende der erfolgreichen Repression. Die angekündigte „Sensibilität“ der Behörden, diesmal hat es sie gegeben.
Wie die Polizei an den beiden vergangenen Tagen vorging, setzt Maßstäbe für den weiteren Umgang mit der rechten Szene. So haben beispielsweise Polizeibeamte an einem See in der Nähe von Magdeburg Skinheads festgesetzt, die nach Angaben eines Polizeisprechers allesamt der rechten Szene zuzurechnen sind. Ein Auge auf eben jene Szene hätte man sich in der Vergangenheit in der Landeshauptstadt Sachsen- Anhalts allzugerne gewünscht. Ist es doch in und um Magdeburg seit langen immer wieder der gleiche rechtsextreme Klüngel, der für die Jagd auf Ausländer, Punks und Andersdenkende verantwortlich ist. Die Polizeiaktionen machten einmal mehr klar, wie überflüssig der Ruf nach schärferen Rechtsvorschriften und erweiterten Polizeibefugnissen ist. Das Instrumentarium reicht, es muß nur angewandt werden.
Das Wochenende hat aber ebenso gezeigt, daß mit den Mitteln der Repression allein dem rechten Spuk nicht beizukommen ist. Während bundesweit Tausende von Polizisten ihre Vorbereitungen trafen, meldete sich einer der Richter zu Wort, die für die fälschlich Urteil genannte richterliche Ehrenbezeugung gegenüber dem NPD-Chef Deckert verantwortlich zeichnen. Richter Orlet teilte uns mit, daß er die ganze Aufregung um die Entscheidung seiner Strafkammer einfach „nicht verstehen“ kann. Keine Sorge, Herr Orlet, die Rechtsextremen, soeben von einer endlich aufgewachten Polizei erfolgreich an Aktionen gehindert, haben Ihre Botschaft verstanden und werden sich für Ihre Ermutigung noch dankbar erweisen. Wolfgang Gast
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