: Ozon-Proteste auch ohne Ozon
■ Verkehrsblockaden für Sommersmogverordnung von Kiel bis Pforzheim am Freitag / Industrie erfindet Ozon-Filter
Berlin (taz) – Die für Ende der Woche geplanten Demonstrationen für eine Sommersmogverordnung weiten sich aus: Inzwischen haben Initiativen aus 12 Städten angekündigt, am frühen Freitagmorgen Kreuzungen zu blockieren, um gegen die Untätigkeit der Bundesregierung in Sachen Ozon zu protestieren. Soweit Klaus-Peter Weiner vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland bis gestern berichtete, bereiten seine Landesverbände Kundgebungen unter anderem in Kiel, Hamburg, Berlin, Göttingen, Frankfurt am Main, Ludwigsburg, Freiburg, Pforzheim und Konstanz vor. Die Proteste finden unabhängig von der Höhe der Ozonwerte statt.
Die Kreuzungsblockaden werden von anderen Verbänden und Initiativen unterstützt. So wollen in Berlin Bündnis 90/Die Grünen, die Jusos, der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) an einer angekündigten Blockade am Ku'damm teilnehmen. In Bremen will Robin Wood die Ozon- Kampagne unterstützen.
Mit den bundesweiten Verkehrsblockaden soll die Kohl-Regierung dazu bewegt werden, umgehend eine wirkungsvolle Sommersmogverordnung für die gesamte Republik zu verabschieden. Bislang existiert solch eine Verordnung nur in Hessen und Schleswig- Holstein. Die Bremer Landesregierung hat letzte Woche angekündigt, noch im September eine entsprechende Regelung zu erlassen. Während im benachbarten Niedersachsen ein Grenzwert von 215 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft im Gespräch ist, drängt die Hansestadt darauf, bereits ab einem Wert von 180 Mikrogramm auf Autobahnen nur Tempo 90 und auf Landstraßen nur Tempo 80 zuzulassen.
Die Forderungen der Blockierer gehen in einzelnen Städten über den Erlaß einer Sommersmog-Verordnung hinaus. In Berlin drängt der BUND auf eine Ausweitung des Tempo-30-Netzes und auf mehr Busspuren. Außerdem soll die Landesregierung auf den geplanten Neubau von 42 Kilometern Stadtautobahnen und Schnellstraßen sowie einen Autotunnel unter dem Tiergarten verzichten. In Bremen setzt sich Robin Wood dafür ein, daß ein Fahrverbot bereits ausgesprochen wird, wenn in den darauffolgenden Tagen ein Ansteigen der Ozonkonzentration auf über 120 Mikrogramm zu erwarten ist.
Derweil bleibt auch die Chemie-Industrie nicht untätig: Hoechst hat einen Ozon-Schlucker entwickelt. Das Reizgas verschwinde spurlos in einem Kunststoff-Filter mit dem Namen „noXon“, hieß es in einem gestern veröffentlichten Werbetext. Wie teuer es wäre, die Luft der gesamten Republik durch den Filter zu blasen, ging aus der Erklärung nicht hervor. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen