piwik no script img

Hauptanklage geändert

■ Prozeß gegen albanische Griechen eröffnet / Todesstrafe droht weiter

Tirana (AP/taz) – Trotz massiven Drucks aus Athen wurde gestern in der albanischen Hauptstadt der Prozeß gegen fünf Angehörige der griechischen Minderheit in Albanien eröffnet. Theodoros Vezinanis und Evangelos Papachristou und ihre drei Mitangeklagten sollen an einem Überfall auf eine albanische Kaserne beteiligt gewesen sein und militärische Informationen an den griechischen Geheimdienst weitergegeben haben. Die Staatsanwaltschaft wandelte zu Prozeßbeginn die Anklage von Landesverrat in Spionage um. Für die Beschuldigten bringt das allerdings nicht viel: Für beide Delikte sieht das albanische Strafgesetzbuch die die Todesstrafe vor.

In einem Brief des griechischen Ministerpräsidenten Andreas Papandreou an US-Präsident Bill Clinton, den russischen Präsidenten Boris Jelzin sowie die Partnerstaaten in der Europäischen Union, an UNO-Generalsekretär Butros Ghali und die Mitglieder des Weltsicherheitsrates hatte der Premier den Prozeß als „aggressiven Akt gegen die griechische Minderheit in Albanien“ bezeichnet und Tirana mit Wirtschaftssanktionen gedroht. Die Entscheidung, die fünf Männer vor Gericht zu stellen, sei eine „unvorstellbare Provokation“. Im Juli hatte Athen mit dem Hinweis auf die Verletzung von Minderheitsrechten die Freigabe von EU-Entwicklungshilfe für Albanien blockiert.

Bei dem Überfall auf die Kaserne waren am 10. April zwei Soldaten getötet und mehrere verletzt worden. Die albanische Regierung hatte daraufhin Griechenland vorgeworfen, hinter der Aktion zu stecken. In Athen wird dieser Vorwurf jedoch energisch zurückgewiesen. Neben dem Anschlag wird den Angeklagten vorgeworfen, dem griechischen Geheimdienst eine Liste mit Namen albanischer Offiziere zugespielt zu haben. Weitere Anklagepunkte sind illegaler Waffenbesitz und die Annahme griechischer Gelder für die Kulturorganisation der albanischen Griechen, „Omonia“ (Einheit). Dem Prozeß wohnt eine Gruppe griechischer Abgeordneter und Rechtsanwälte als Beobachter bei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen