: Gegen Carlos wurde die erste Anklage erhoben
■ Der Sudan hofft nun auf Anerkennung
Paris/Khartum (AFP/AP/dpa) – „Wie geht's, Herr Richter?“ begrüßte der einst meistgesuchte Terrorist der Welt gestern seinen Untersuchungsrichter Jean-Louis Bruguiere. „Und Ihnen?“ antwortete der auf Terrorismusverfahren spezialisierte Jurist. „Noch lebend, für lange“, erwiderte der 44jährige Ilich Ramirez Sanchez alias „Carlos, der Schakal“.
In weißer Hose, Hemd und leichtem Pullover trat Carlos jenem Mann gegenüber, der ihn voraussichtlich für den Rest seines Lebens hinter Gitter bringen wird. Carlos wird sich in Paris zuerst wegen Beihilfe zum Mord verantworten müssen. Im April 1982 war in der französischen Hauptstadt vor der Redaktion der arabischsprachigen Tageszeitung al-Watan al- Arabi eine Bombe explodiert. Der Sprengsatz, der eine Person tötete, soll auf Anweisung von Carlos gelegt worden sein. Zwei weitere Verfahren gegen Carlos, die aus Mangel an Beweisen eingestellt wurden, werden wahrscheinlich wieder aufgerollt. Dabei geht es um Attentate, bei denen in den Jahren 1982 und 1983 in Frankreich insgesamt zehn Menschen getötet worden waren. Bereits 1992 war Carlos wegen der Ermordung zweier französischer Polizisten von einem Pariser Gericht in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Carlos' Anwälte Mourad Oussidek und der Staranwalt Jacques Vergès protestierten gegen die Verhaftung. Ihr Mandant sei aus dem Sudan „regelrecht entführt“ worden.
In Khartum macht man sich nach der Auslieferung Hoffnungen auf bessere Beziehungen zum Rest der Welt. Justizminister Abdel Aziz Cheddou sprach von einem „Akt des guten Willens“ und appellierte an die US-Regierung, sein Land von der Terrorismus-Liste zu streichen. Ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte lediglich, man hoffe, daß die Auslieferung der Beginn einer neuen Politik des Sudan sei. Für die Streichung des Staates von der Terrorismus-Liste genüge der Schritt jedoch nicht. Seiten 8 und 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen