: Geplante ED-Behandlung umstritten
Der Datenschutzbeauftragte sieht keine gesetzliche Grundlage für die von Innenstaatssekretär Armin Jäger angeordnete generelle ED-Behandlung von Bürgerkriegsflüchtlingen ■ Von Dorothee Winden
Das Vorhaben der Senatsverwaltung für Inneres, künftig „sämtliche Bürgerkriegsflüchtlinge“ aus dem ehemaligen Jugoslawien erkennungsdienstlich zu behandeln, stößt auf den Protest des stellvertretenden Datenschutzbeauftragten Alexander Dix. „Wir haben Staatssekretär Jäger darauf hingewiesen, daß eine ED-Behandlung für Bürgerkriegsflüchtlinge nur zulässig ist, wenn im Einzelfall Zweifel an der Identität oder Nationalitätszugehörigkeit bestehen. Alles, was darüber hinausgeht, müssen wir beanstanden.“
Weil eine große Anzahl gefälschter Pässe in Umlauf seien, sei diese Maßnahme nach Paragraph 41 des Ausländergesetzes „gerechtfertigt“, heißt es in einer Stellungnahme der Senatsinnenverwaltung. Dieser Rechtsauslegung widerspricht nicht nur der Datenschutzbeauftragte, sondern auch der auf Ausländerrecht spezialisierte Rechtsanwalt Peter Meyer: „Eine flächendeckende ED-Behandlung ist durch Paragraph 41 nicht gedeckt.“
Aus den – auf Eis gelegten Plänen – des Bundessozial- und des Bundesinnenministeriums, eine gesetzliche Basis für eine generelle ED-Behandlung von Bürgerkriegsflüchtlingen zu schaffen, kann ebenfalls geschlossen werden, daß bestehende Gesetze dafür nicht ausreichen.
Wie der Sprecher der Senatsverwaltung für Inneres, Hans Richter, bestätigte, laufen derzeit die Vorbereitungen für die Umsetzung der ED-Behandlung: „Wir prüfen derzeit, wie wir das am sinnvollsten durchführen können.“ Details wie der zu erwartende Personalbedarf müßten noch abgeklärt werden. Bis zum Beginn der Erfassung werde es „noch ein Weilchen dauern“. Geplant sei, die Fingerabdrücke in das AFIS, das Automatische Fingerabdrucksystem des Bundeskriminalamtes, einzuspeisen. Darüber verhandle man derzeit mit BKA und dem Bundesinnenministerium.
Von der ED-Behandlung dürfe man sich, was die Bekämpfung des Sozialhilfebetrugs mit gefälschten Pässen betrifft, allerdings „nicht allzuviel versprechen“, stellte gestern der ausländerpolitische Sprecher der CDU, Roland Gewalt, auf einer Pressekonferenz fest. Denn zum einen sei „eine bundesweite Vernetzung mit AFIS noch nicht gewährleistet“, und aus datenschutzrechtlichen Gründen sei ein Datenabgleich zwischen Innen- und Sozialverwaltung nicht zulässig.
Um zu verhindern, daß Bürgerkriegsflüchtlinge mit falschen Pässen mehrfach Sozialhilfe beziehen, forderte Gewalt gestern eine Stichtagserhebung, wie sie in Aachen und Schleswig-Holstein für Asylbewerber durchgeführt wurde. Bei dem Zählappell sollen die 40.000 Flüchtlinge an drei aufeinanderfolgenden Monaten an einem Stichtag auf ihrem Sozialamt zur Registrierung erscheinen. Wer sich nicht melde, bekomme kein Geld mehr. Gewalt schätzte die Kosten für die Überprüfung auf vier bis fünf Millionen Mark. Wenn fünf Prozent der Flüchtlinge das Sozialamt betrögen, koste das den Steuerzahler jährlich 30 Millionen Mark.
Diese Schätzung sei unseriös, hieß es aus der Senatsverwaltung für Soziales. Sprecher Wolfgang Zügel wies Gewalts Vorschlag als „nicht praktikabel“ zurück. Es sei „ärgerlich“, wenn Aufgaben des Innensenators auf die Sozialsenatorin abgeschoben würden. „Es ist nicht unsere Aufgabe, Paßfälscher ausfindig zu machen“, so Zügel. Die Sozialämter müßten davon ausgehen, daß eine von der Ausländerbehörde erteilte Duldung, aufgrund derer die Sozialhilfe ausbezahlt wird, rechtmäßig sei.
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