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Sechs Monate für Pferdediebin

■ Harte Strafe, weil die Angeklagte nicht gestehen wollte

Ein Stoff, aus dem die Vorabendserien gestrickt sind: Die dreißigjährige gelernte Trabertrainerin Gabi S. wurde gestern vom Amtsgericht wegen Pferdediebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Begründung von Amtsrichter Nils Graue: Sie habe keine Ware sondern ein Pferd gestohlen, bei dem auch der Liebhaberwert zu berücksichtigen sei.

Die Indizien waren für Richter wie Staatsanwaltschaft eindeutig: Der Vollblut-Trakehner Jokohama war am 2. März 1994 in dem Garten der Angeklagten entdeckt worden, rund eine Woche nachdem das Tier aus dem unverschlossenen Stall seiner Besitzerin verschwand. Außerdem hatte eine Polizeistreife am Tag der Tat gegen Mitternacht eine Frau, ein Pferd am Zügel führend, auf der Autobahnbrücke Öjendorf angehalten und die Personalien über Funk kontrolliert. Die Straße verband Tatort und Fundort.

Die Polizeibeamtin N. identifizierte gestern vor Gericht die Angeklagte als jene forsche, blonde Person, die während der Personalkontrolle fünf Minuten rauchend neben dem Streifenwagen gestanden hatte.

Doch, wer nun eine rührselige Geschichte erwartete, von den falschen Leuten, die die richtigen Pferde besitzen, wurde enttäuscht. Die Angeklagte bestritt energisch die Tat. Es müßten andere Leute der Polizei ihre Personalien angegeben haben, um ihr zu schaden. Wer, könne sie nicht sagen, dann sei ihr Leben bedroht. Auch, daß das Pferd in ihrem Gartenschuppen gefunden wurde, sei Bestandteil der Intrige. Sie habe es erst am Nachmittag des zweiten März' entdeckt. In diesem Punkt verwickelte sich Gabi S. in Widersprüche. Mal hieß es, sie habe das Pferd mit Heu gefüttert, mal sie habe es gar nicht gesehen und nur Spuren bemerkt.

Frau S. sei des Pferdediebstahls überführt, „ich mache mir nicht die Mühe dieses nachzuweisen“, sagte Staatsanwalt Kuhlbrodt in seinem Plädoyer. Daß die Angeklagte „eine Räubergeschichte nach der anderen aufgetischt“ habe, schlage sich auf das Strafmaß durch. Der Staatsanwalt forderte 6.000 Mark Geldstrafe, der Richter machte sechs Monate Bewährungsstrafe daraus. Auf die Frage des Richters, ob sie noch etwas sagen wolle, sagte die Angeklagte einfach nur: „Nö!“

Kaija Kutter

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