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Weg von der Barbiepuppe

■ Helga Kolle-Tietz, Chefin vom Dienst der Modezeitschrift Vogue, erzählt, warum die Kleiderbranche auf Jenny Shimizu abfährt

taz: Jenny Shimizu ist ein sehr eigenwilliges Model – tätowiert, eher herb, offen lesbisch ... was hat die Modebranche, was hat die „Vogue“ an dieser Frau gereizt?

Helga Kolle-Tietz: Das Model wurde für Fotos in unserem New- York-Special gebucht, weil es einen neuen Typ verkörpert und sehr gut zur aktuellen Sportmode paßt. Da „Vogue“ an Zeitströmungen nicht vorübergeht, sind auch solche Trends wichtig. Im Augenblick scheint alles angesagt zu sein – Models wie Shimizu ebenso wie sehr feminine Frauen.

Für welchen Trend steht sie?

Es ist sicherlich ein momentaner, androgyner Trend.

Warum ist die Modebranche gerade dieses Jahr auf diesen Typus gekommen?

Dieser Model-Trend kommt ursprünglich aus Amerika: aufbegehrende junge Leute ließen sich tätowieren und den markanten Kurzhaarschnitt verpassen. An Frauen wie Jenny Shimizu oder auch Kate Moss kann die Mode ihren Trendwechsel präzisieren – hin zum puren Look, weg von der hyperfemininen Barbiepuppe.

Was wird mit diesem Typus Frau assoziiert; wie wirkt er auf die Zuschauerin beziehungsweise den Zuschauer?

Auch wer ganz anders ist, möchte in bestimmten Situationen und Momenten so powerful-cool sein.

Astrid Deuber-Mankowsky bezeichnet Shimizu als „phallische Frau“. Wie sehen Sie das?

Was immer damit gemeint sein soll, Jenny stellt in jedem Fall die alten Geschlechterrollen in Frage.

Wird sich dieser Typus Frau durchsetzen oder bald wieder vom Modehimmel verschwinden?

Auch Jenny Shimizu dürfte ihr Erscheinungsbild wieder ändern. Als gutes Model ist sie zu dieser Metamorphose fähig. Tatsächlich wirkt sie jetzt bereits glamouröser als bei ihrem Debüt vor einem Jahr.

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