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Abschiebung für Meuterei-Vermittler?

■ Kasseler Imam darf vorerst bleiben

Frankfurt/M. (taz) – Der marokkanische Imam Said Darzaoui (29) hatte vor Monatsfrist wesentlichen Anteil daran, daß der Aufstand mit Geiselnahme der nordafrikanischen Abschiebehäftlinge in einer Untersuchungshaftanstalt in Kassel unblutig beendet werden konnte.

Der islamische Geistliche, der unter anderen vom Stadtverordneten von Bündnis 90/ Die Grünen, Volker Schäfer, um Hilfe gebeten worden war, verhandelte seinerzeit erfolgreich mit den Meuterern. Als „bitteres Dankeschön“ (Volker Schäfer) aber sitzt Darzaoui nun seit dem vergangenen Wochenende selbst in Abschiebehaft.

Weil die Gründe für die „Duldung“ des abgelehnten Asylbewerbers Darzaoui weggefallen waren (seine verschwundenen Papiere waren wieder aufgetaucht), wurde der wegen „fundamentalistischer Aktivitäten“ aus Marokko geflohene Imam auf Weisung der Ausländerbehörde in Kassen verhaftet und in Kassel in Abschiebehaft genommen. Gestern sollte Darzaoui über den Frankfurter Rhein-Main-Flughafen nach Marokko abgeschoben werden.

Doch ein von seinem Rechtsanwalt gestellter Asylfolgeantrag und ein Antrag an den Petitionsausschuß des hessischen Landtages verhinderten die Abschiebung im letzten Augenblick. „Zu 99 Prozent“ sei jetzt sichergestellt, daß der Imam in Hessen bleiben dürfe, sagte gestern der Landtagsabgeordnete der Bündnisgrünen, Rheinhold Weist, auf Nachfrage. Durch seinen Einsatz beim Geiseldrama von Kassel habe sich nämlich die Lage für Darzaoui in Marokko noch verschlechtert. Daß die mehrheitlich gleichfalls streng religiös orientierten Meuterer gerade diesen Imam als Vermittler akzeptiert hätten, werde von den marokkanischen Behörden doch als Indiz dafür gewertet, daß Darzaoui bei den Fundamentalisten im Exil eine herausragende Rolle spiele.

Mehrere überregionale Tageszeitungen in Marokko hatten nach dem Geiseldrama von Kassel ein Foto von Said Darzaoui veröffentlicht. kpk

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