: Islands Wasserkraft setzt Hamburg unter Strom
■ Umweltsenator setzt auf Elektrizität aus Island / Genausoviel Strom wie zwei Atommeiler / In fünfzehn Jahren Realität?
Strom aus Wasserkraft – der zweite Versuch. Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt ist in seinem Bestreben, nordeuropäische Wasserkraft für Hamburg nutzbar zu machen, einen kleinen Schritt vorangekommen. Bei einem Besuch in Island vereinbarte Vahrenholt mit der dortigen Regierung und dem Energieversorgungsunternehmen Landsvirkjun, „die rechtlichen Aspekte einer Seekabel-Verbindung zwischen Island und Zentraleuropa näher zu untersuchen“.
Des Senators Hoffnung: Ab dem Jahr 2010 könnte Hamburg etwa 1200 Megawattstunden aus Island beziehen. Das entspräche in etwa jener Strommenge, die die Hansestadt aus den AKWs Krümmel und Brunsbüttel bezieht – wenn die beiden Atommeiler nicht gerade defekt sind.
Der Weg zum Strom aus dem hohen Norden ist allerdings nicht gerade kurz: Rund 1800 Kilometer Doppel-Seekabel müßten verlegt werden. Die Kosten einschließlich der zu errichtenden fast zwei Dutzend Wasserkraftwerke an isländischen Flüssen und Gletschern werden derzeit auf rund zehn Milliarden Mark geschätzt.
Eine Investition, die sich aus Vahrenholts Sicht schon deshalb rechnet, „weil die Wasserkraft die umweltfreundlichste Form der Energieversorgung ist, die ich kenne“. In Island jedenfalls würden durch den Bau der Wasserkraftwerke und Stauseen weder Menschen noch Tiere noch Pflanzen gefährdet.
Auch der zu erwartende Preis für den importierten Strom aus Island soll nach seiner Einschätzung jedenfalls im Jahr 2010 konkurrenzfähig sein. Grund: Der Umweltsenator erwartet bis dahin eine ziemlich deftige Preiserhöhung für Energie aus fossilen Brennstoffen wie Öl und Erdgas.
Trotz positiver Technik- und Kosten-Prognose steht die Umsetzung der Vahrenholtschen Wasserkraftpläne noch im weiter Ferne: Zunächst einmal muß das isländische Parlament über die künftige Nutzung des heimischen Energiereservoirs entscheiden. Verkaufen oder selber nutzen? Entscheiden sich die Isländer für den Verkauf, stellt sich die Frage: An wen?
Derzeit, so Vahrenholt gestern frohgemut, seien Hamburg und die HEW der einzige bundesdeutsche Verhandlungspartner. Ob's dabei bleibt, ist allerdings zweifelhaft.
Des Umweltsenators erster Wasserkraft-Versuch mit Norwegen war Anfang des Jahres unter anderem an dem lukrativeren Angebot des hannoverschen Stromversorgungsunternehmens Preussen Elektra gescheitert. HEW-Sprecher Robert Schulte warnte denn gestern auch vor allzu großer Wasserkraft-Euphorie: Die vor drei Jahren aufgenommenen Gespräche mit Island hätten auch nach der Vahrenholt-Reise das Stadium der Vorprüfung noch nicht verlassen. Der nächste Schritt wäre eine sogenannte Machbarkeitsstudie für das Gesamtprojekt.
Die Grünen reagierten gestern nicht gerade elektrisiert: GAL-Energiereferent Dirk Seifert warf Vahrenholt Konzeptlosigkeit vor und drängte darauf, zunächst einmal das Hamburger Energiespar-Potential und die Möglichkeiten regenerativer Energiegewinnung im norddeutschen Raum zu ermitteln. Erst danach könne darüber diskutiert werden, wie eine durch den AKW-Ausstieg eventuell auftretende Stromlücke sinnvoll ausgefüllt werden könne. uex/dpa
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