: Magere Bilanz fürs Klima
■ Halbzeit bei Genfer Verhandlungen / Kanzler Kohl verlangt „etwas Konkretes“ zur Verhinderung deutscher Blamage
Genf (taz) – Eine magere Halbzeitbilanz wird die Vorsitzende der Genfer Klimaverhandlungen heute den 160 Teilnehmerstaaten vorlegen. Kein Staat hat in der ersten Verhandlungswoche auch nur die Bereitschaft erkennen lassen, bis zur Ausschlußfrist am 28. September den Entwurfs eines Zusatzprotokolls zur Verschärfung der Klimakonvention von Rio vorzulegen, das dann auf der Berliner Nachfolgekonferenz im März/April nächsten Jahres verabschiedet werden könnte.
Die Rede, die die Verhandlungsvorsitzende und Ministerialrätin im Bonner Umweltministerium Quennet heute halten wird, ist eine reine Aufzählung der Statements, die in der ersten Verhandlungswoche abgegeben wurden. Selbst Deutschland und die anderen sieben Staaten, deren Regierungen über die Klimakonvention von Rio hinausgehende Beschlüsse zur Verringerung von Kohlendioxidemissionen gefaßt haben (Dänemark, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Österreich, Kanada und Australien), verzichteten bislang darauf, ihre nationale Politik in Genf offensiv zu vertreten. Es wird nicht mehr damit gerechnet, daß bis zum Abschluß der Verhandlungen am nächsten Wochenende noch ein Protokollentwurf auf den Tisch kommt.
Allerdings verdichten sich die Anzeichen, daß die Bundesregierung auf einer für den 7. September nach Brüssel einberufenen Sitzung von hohen Beamten aller zwölf EU-Umweltministerien doch noch einen Vorstoß für einen gemeinsamen Protokollentwurf der EU machen wird. Bereits am vorletzten Wochenende hatte ein Machtwort von Kanzler Kohl dazu geführt, daß sich das Umwelt- und das Wirtschaftsministerium nach wochenlangem Streit in letzter Minute wenigstens auf ein „Positionspapier“ mit möglichen „Elementen“ für ein Protokoll verständigten. Das dann am Dienstag in Genf vorgestellte „Positionspapier“ blieb allerdings weit hinter den Erwartungen zurück, die vor allem Umweltminister Töpfer in der deutschen Öffentlichkeit wie international geschürt hatte.
Kanzler Kohl fürchtet nun, daß die Berliner Nachfolgekonferenz, um deren Durchführung sich die Bundesregierung intensiv bemüht hatte, ohne konkreten Beschluß zur Pleite wird. Wegen der EU- Präsidentschaft Deutschlands kommt für Kohl ein Bonner Alleingang allerdings weiterhin nicht in Frage. Daher wird sich die die Bundesregierung am 7. September in Brüssel um die Zustimmung zu einem Minimalprotokoll bemühen und versuchen, dieses öffentlich als Weiterentwicklung der Klimakonvention von Rio zu verkaufen: das in Rio als Absichtserklärung formulierte „Ziel“ einer Stabilisierung der CO2-Emissionen in den Industriestaaten auf dem Niveau von 1990 soll als völkerrechtlich verbindliche „Verpflichtung“ mit der Frist des Jahres 2000 festgeschrieben werden. Andreas Zumach
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