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Liebevoll schnulzig chaplinesk am Klavier

■ Der katalanische Pianist Pascal Comelade spielt heute mit Band im Kito auf

Hatten Sie bisher immer Hemmungen zuzugeben, daß sich unter Ihren Lieblingsmelodien auch die eine oder andere Schnulze findet? Jetzt hat es ein Ende mit dieser peinlichen Bekennungsnot. Denn jetzt können Sie sich auf die geniale Coverversion des katalanischen Pianisten Pascal Comelade berufen, der noch die unsäglichste Schnulze in eine dadaistische Klangperle verzaubert.

Wie kaum ein anderer versteht es der in Frankreich lebende Pianist am Abgrund zum musikalischen Kitsch zu balancieren. Heraus kommen ebenso brilliante wie witzige Coverversionen bekannter Melodien. Seine Methode besteht dabei in einer skurrilen Mischung von thematischer Reduktion und seltsamer Instrumentierung, von ihm selbst als „Art Brut“ bezeichnet.

Da trifft eine Kirmesorgel auf ein Spielzeugklavier aus Plastik oder eine singende Säge gibt süßlichen Akkordeonklängen genau die tragische Note, die den Absturz verhindert. Qietsche-Entchen geben den Takt für melancholische Trompetenlinien. „Ti Amo“ klingt, als wäre die Christbaumschmuckabteilung eines Kaufhauses von einer subversiven Weihnachtsspielgruppe zweckentfremdet worden. „Besame Mucho“ kommt als Spielzeugpiano-Solo daher.

Dabei macht sich Comelade keineswegs lustig über sein Material. Seine liebevoll chaplinesken Neuinterpretationen sind eben nicht nur witzig oder schräg, sondern oft auch wunderschön, melancholisch, mitternachtsschwer.

Begleitet wird Comelade von drei alten Mitstreitern seines leider nicht mehr existierenden „Bel Canto Orqestra's“ – übrigens das einzige Ensemble der Welt, das sich einen ständigen Triangel-Spieler leistete –, dem Trompeter und Geiger Pierre Bastien, an diversen Saiteninstrumenten GAT und dem Multiinstrumentalisten Mark Cunningham. Noch haben Sie Zeit, Ihre anderen Termine abzusagen.

Arnaud

Heute, 20 Uhr im KITO, Vegesack

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