: Duschhahn bleibt zu
■ 120.000 BerlinerInnen ohne eigenes Bad werden ausgesperrt: Immer mehr Stadtbäder schließen die Reinigungsabteilungen
Arne Ziebarth aus Prenzlauer Berg hat wie 120.000 andere BerlinerInnen kein Bad. Aber sauber muß sein. Zum Duschen und Baden geht er in die den Hallenbädern angeschlossenen Reinigungsbäder. Dort gibt es neben dem normalen Schwimmbetrieb Duschen und Wannen, wo der Alltagsdreck abgewaschen werden kann. Für vier Mark, ermäßigt eine Mark, kann man sich für eine halbe Stunde in der wohligen Wärme der Wanne entspannen.
Aber als Arne ausgerüstet mit Handtuch, Badelatschen und Seife vor dem Stadtbad Prenzlauer Berg in der Oderbergerstraße eintraf, stand er vor verschlossenen Türen. Auch im Stadtbad Kreuzberg in der Baerwaldstraße waren die Türen zu. Und im Stadtbad Wedding in der Gerichtstraße war auch nichts mit wohliger Entspannung in der Wanne: alles geschlossen.
Sparzwang
„Es ist normal, daß die Bäder im Sommer geschlossen sind“, sagt Detlef Oßenkopp vom Kreuzberger Bäderamt, „irgendwann müssen ja schließlich alle Wartungsarbeiten gemacht werden.“ Aus der Zeit, als Kaiser Wilhelm dem Volk Hygiene ans Herz und Kernseife in die Hand legte, sind noch acht der öffentlichen Reinigungsanstalten in Berlin übriggeblieben.
„Früher standen die bis auf die Straße, um hier zu duschen und zu baden“, sagt Detlef Oßenkopp aus Kreuzberg, „aber mit jeder sanierten Wohnung verlieren wir einen Kunden.“
Daß die Wartungsarbeiten in diesem Jahr in Kreuzberg aber gleich von Mai bis September dauern, hat noch einen anderen Grund. Die Sparmaßnahmen gehen um und machen auch vor der Hygiene nicht halt: „In diesem Sommer mußten wir aus Spargründen länger als gewöhnlich schließen, da wir nicht genügend Personal einstellen konnten für Hallen- und Freibäder“, gibt Oßenkopp zu, „aber bei 37 Grad draußen wollte auch eh keiner hier duschen. Und ab Oktober machen wir wieder auf.“
Arne Ziebarth wollte auch in der Zeit von Mai bis Oktober baden. Aber in Zukunft muß er wohl immer häufiger auf die Freunde mit Bad zurückgreifen. Im Weddinger Stadtbad ist noch nicht klar, ob nach der Sommerpause auch das Reinigungsbad wieder aufmacht. „Es kommen halt immer weniger ins Reinigungsbad, daher wird hier natürlich als erstes gespart“, sagt der Weddinger Amtsleiter Dieter Matz, „aber ich bin dafür, daß man es mit verkürzten Zeiten wieder aufmacht.“ Und das Stadtbad Tiergarten hat seine Reinigungsabteilung gleich ganz „bis auf weiteres“ geschlossen, so das Bezirksbäderamt.
„Wir haben letztes Jahr schon darüber nachgedacht, die Reinigungsabteilung zu schließen, aber da war der Spardruck noch nicht so groß“, sagt Tiergartens Stadtrat Michael Urban, „aber dieses Jahr mußte es sein, denn die Ausgaben stehen in keinem Verhältnis zu den Einnahmen.“ Patricia Pantel
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