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Israel will Atommacht bleiben

■ Ägyptens Außenminister Mussa fodert in Jerusalem vergeblich einen Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag

Tel Aviv (taz) – Ägyptens Außenminister Amre Mussa interessierte sich bei seinem Israelbesuch vor allem für ein Thema: Waffen. Bei seinen Gesprächen mit Regierungschef Jitzhak Rabin und Außenminister Schimon Peres insistierte er am Mittwoch, daß Israel im Rahmen des Nahost-Friedensprozesses seine Militärmaschinerie reduzieren müsse. Die Verhandlungen in dem beim Auftakt des Prozesses in Madrid im Herbst 1991 eingerichteten Ausschuß für Abrüstung und Rüstungskontrolle sind festgefahren, weil sich Israel weigert, über seine Atomwaffen zu diskutieren.

Mussa forderte von den Israelis, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen. Ein Ansinnen, daß bei Rabin und Peres auf taube Ohren stieß. Ebenso kategorisch lehnten sie es ab, an Verhandlungen über nukleare Abrüstung im Nahen Osten teilzunehmen. Mussa erklärte, Israels Beitritt zum Sperrvertrag solle den ersten Schritt zur regionalen Abrüstung im Nahen Osten bilden. Angesichts des Fortschritts in den Friedensverhandlungen gäbe es keine Rechtfertigung für den Besitz von Massenvernichtungswaffen.

Rabin antwortete, Israel sei bereit, einem regionalen Abkommen über Waffenkontrolle beizutreten. Es werde jedoch keinerlei Verhandlungen führen, solange die Region von Mächten wie Iran, Irak und Libyen bedroht werde. Peres erklärte, das Problem seien nicht die israelischen Waffen, sondern die Politik anderer bewaffneter Staaten. Beispielsweise würden die USA über ein großes Arsenal nichtkonventioneller Waffen verfügen, aber niemand verlange, daß sich die USA dieser völlig entledige. Israel werde sich an kein Nuklearverbot halten, solange es keine Möglichkeit habe, mit Sicherheit festzustellen, daß Feinde wie der Iran keine eigenen Atombomben produzieren.

Mussa wies darauf hin, daß die Weigerung Israels, über nukleare Abrüstung zu sprechen, zu einem ernsten Hindernis auf dem Weg zum Frieden im Nahen Osten werden könne. Israels Bereitschaft, diese Fragen zu behandeln, würde es der internationalen Gemeinschaft ermöglichen, auch Staaten wie Irak und Iran an den Verhandlungstisch zu bringen. Der Friedensprozeß in der Region könne nicht gelingen, wenn das Wettrüsten fortgesetzt werde. Gleichzeitig gab er bekannt, daß Ägypten sich weigert, das internationale Abkommen gegen den Besitz von chemischen Waffen zu unterzeichnen, solange Israel den Atomwaffensperrvertrag nicht unterschreibt. Israels stellvertretender Außenminister Jossi Beilin erklärte, die Einrichtung einer nuklearwaffenfreien Zone im Nahen Osten werde erst möglich, wenn dort ein umfassender Frieden herrsche. Ägyptisch-israelische Verhandlungen über die Kontrolle von Nuklearwaffen sollen demnächst in Israel stattfinden.

Obwohl die CIA dem damaligen US-Präsidenten bereits im Jahr 1968 meldete, israelische Techniker bastelten an der Atombombe, behaupten alle israelischen Regierungen bis heute, der Staat sei keine Atommacht. Offiziell gilt noch immer die kryptische Formel, Israel werde „nicht als erster Nuklearwaffen in den Nahen Osten einführen“. Amos Wollin

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