Televisuelle Europaschnipsel

■ Auf arte streuen Alex & Annette ab heute „Confetti“

Irgendwo nahe der 1,90-Metermarke leuchten wache blaue Augen unter brünettem Kurzhaar; ein gewinnendes Lächeln – und verdächtige Sätze: „Überhaupt nicht aktuell“ wolle er sein, „und auch nicht politisch“, hört man da mit einem niedlichen kleinen Akzent aus dem Französisch. Nahtloser Wechsel ins Deutsche, auch „Kultur klassisch“ wolle er nicht machen. „Confetti“ eben, etwas, das man in vielen Sprachen gleich versteht, bunte Tupfen, die die Leute gern ansehen, wenn sie nach einem Arbeitstag nach Hause kommen.

Na ja, aber ausgerechnet auf arte? Was bitte soll das werden? Einfach „L'Europe sympa, l'Europe proche“, antwortet Alex Taylor, Brite, 36, nun wieder auf französisch: Neugierig machen will er, auf das Nahe, auf unsere Lebensart und auf unsere Alltagskultur. Europäer zum Anfassen statt „Europa“ als Synonym für Milchseen, Butterberge, Fischfangkriege und Verordnungs-Chinesisch. Die Vokabel „Europa“ hat er sich deshalb in sämtlichen Sprachen verboten. Wenn überhaupt, spricht Taylor nur von „unserem Kontinent“.

Taylor ist ein gestandener Journalist und Fernseh-Vollprofi, der für L'Express, Libération und die BBC arbeitete. Die vergangenen vier Jahre servierte der ehemalige Dozent für englische Literatur auf dem öffentlich-rechtlichen Fernsehkanal France 3 unseren Nachbarn jenseits des Rheins mit seiner Sendung „Continentales“ große und kleine Geschehnisse aus anderen Ländern. Mit großem Erfolg, in Frankreich wurde Taylor zum Publikumsliebling.

Der neuen arte-Frau an seiner Seite, preußisches Gardemaß, Marlene-Dietrich-Stimme, Sorbonne-Examen, wird das in Frankreich bereits ebenfalls prophezeit. Die 30jährige blonde Berlinerin Annette Gerlach hat unbestritten Präsenz. Vier Jahre lang arbeitete sie für den Nouvel Observateur, bevor sie in der arte-Presseabteilung „entdeckt“ wurde, ein Naturtalent, das auf Anhieb hunderte von BewerberInnen ausstach.

Mit den Bildschirm-Musen Alex & Annette beginnt heute um 19 Uhr bei arte so etwas wie eine neue Ära: Man will lebendiger werden – und (endlich) eigenständiger. Das international besetzte „Confetti“-Team sichtet für die täglichen 26 Sendeminuten, so schätzt Redakteur Wolfgang Kabisch, runde zehn Stunden Magazin-Programme, aus aller Herren Länder und Sender. Rund ein Drittel der gesendeten „Confetti“ werden außerdem von den Straßburgern selber produziert oder extra in Auftrag gegeben. Und wenn heute abend zum Auftakt ein Stuttgarter Horror-Restaurant angekündigt wird, oder Schweden, Engländer und Franzosen beim Versuch, ihre Nationalhymne zu intonieren, dem legendären Vortrag unseres Kanzlers weiland in Berlin musikalisch in nichts nachstehen, huschen dazu gezeichnete Konfettis und Strichmännchen über den Bildschirm. Die denkt sich Flavio an einem, „Paintbox“ genannten, hochmodernen Computer aus. Der Zeitgeist hat Straßburg erreicht. Ulla Küspert