Sanssouci: Vorschlag
■ Statements zur Lage des Ost-West-HipHop-Konflikts: Jeru the Damaja höchstpersönlich im Metropol
HipHop im Jahr 1994 hat nur noch wenig gemein mit den ehemals so beliebten alten, neuen und alternativen Schulen. Die schwer und schnell rollenden West-Coast-Gangster Dre, Snoop und Warren G. haben die „G-Funk Ära“ eingeleitet und dabei aus HipHop ohne Umwege gut gespülten Pop gemacht. Inhaltlich zwar unkorrekt bis in die Turnschuhspitzen, kleistern sie zur Zeit mit diesem Sound – zusammen mit den jumpenden, slammenden und bollerigen Haudraufs der Judgement Night – die Charts zu. Unmut macht sich gegen diese Entwicklung hauptsächlich im Osten der Staaten breit, was haltungs- und soundtechnisch mittlerweile die tiefsten Gräben aufgerissen hat – öfters beschleicht einen das Gefühl, die HipHop-Nation würde im Moment hauptsächlich von diesem ausgeprägten Ost-West- Konflikt bestimmt.
Auch Jeru the Damaja, ein Mitglied der sogenannten Gang Starr Foundation, rappt, streitet und spielt auf dieser Klaviatur. Mit „The Sun Rises In The East“ hat er kürzlich sein Gesellenstück abgeliefert und sein Statement zur Lage der Nation abgegeben. Der Titel ist klar, East-Coast represents, das entspricht dem natürlichen Lauf der Dinge ebenso wie dem Stand- und Geburtsort Jerus, Brooklyn. Angeblich erstmalig im zarten Alter von sechs Jahren mit HipHop in Berührung gekommen, verdiente sich der jetzt 23jährige seine ersten Meriten auf den Gang-Starr- Platten „Daily Operation“ und „Hard To Earn“. Jetzt kommt er höchstpersönlich sauber und ehrlich, weiß bestens Bescheid über den „old regular street shit“ und entlarvt das allover grassierende Gangstertum als Fake und Ausverkauf der HipHop-Kultur.
Bei den Zusammenhängen ist es logisch, daß Premier, Gurus kongenialer DJ, Jerus Album produziert und seinen typischen Stempel aufgedrückt hat. So klingt „The Sun“, wie übrigens die meisten wegweisenden Alben aus NY, von Gang Starr über Nas bis zu A Tribe Called Quest, betont diffizil und verschachtelt. Es ist minimalistisch, sparsam, gar schroff und verlangt nach Zeit und Muße, um es richtig zu erfassen und entdecken zu können. Jerus rauher, etwas unruhiger, alles andere als smoothiger Rap- Style tut ein übriges, doch Stücke wie „Ain't The Devil Happy“ oder „My Mind Spray“ sind wahre Klassiker mit Langzeitwirkung, deren einziger Fehler der ist, daß keine Massen danach jumpen oder tanzen können. Gerrit Bartels
Heute, 20 Uhr, plus Gang Starr (versteht sich!) und MC Mell'O, im Metropol, Nollendorfplatz 5, Schöneberg
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen