Angst vor Trillerpfeife

■ Demo gegen "Großen Zapfenstreich" der Bundeswehr / Thema im Innenausschuß / Streit um Teilnahme bei Grünen

Die geplante Demonstration gegen den Zapfenstreich der Bundeswehr am 8. September kommt Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) zur rechten Zeit: Vor dem Innenausschuß des Abgeordnetenhauses attackierte er gestern vehement die PDS, weil unter anderem deren Arbeitsgemeinschaft (AG) Junge GenossInnen den Aufruf unterschrieben hatte. Die Äußerungen dieser Gruppe machten deutlich, daß sie „eng mit militanten Linksextremisten“ aus dem autonomen und dem RAF-Umfeld zusammenarbeiten wolle.

Fast eine Stunde widmete sich der Innenausschuß der Veranstaltung am Brandenburger Tor, mit der die Alliierten offiziell verabschiedet werden. Im Mittelpunkt: Die Ankündigung der „AG Zapfenstreich“, „hör- und sehbar“ gegen das Zeremoniell zu protestieren. Die Sorge, daß dabei Trillerpfeifen „diese schicksalhafte Stunde“ (Heckelmann) vermasseln könnten, verführte Hans-Georg Lorenz (SPD) zum Schulterschluß. Vorab signalisierte er Verständnis, sollte die Polizei gegen mit Trillerpfeifen ausgerüstete Demonstranten einschreiten. Zwar wollte er das akustische Protestinstrument nicht mit Steinwürfen gleichsetzen. Dennoch sei es geeignet, „indirekt die körperliche Integrität“ zu beeinträchtigen. Wenn jemand in einer Kirche mit einer Trillerpfeife störe, sei das möglicherweise wirkungsvoller, „als wenn ich einen Stein auf den Pfarrer werfe“, meinte Lorenz.

Die Landesdelegiertenkonferenz der Grünen hatte am Wochenende nach einer kontroversen Debatte mehrheitlich entschieden, nicht zu der Demonstration aufzurufen. Zur Begründung erklärte Vorstandssprecher Uwe Dähn gegenüber der taz, man sei zur Demovorbereitung nicht eingeladen und im Aufruf sogar politisch angegriffen worden. Im Aufruf, der neben der AG Junge GenossInnen auch von autonomen Gruppen unterstützt wird, heißt es unter anderem, „die Bundeswehr soll nach den Vorstellungen der Nato und der herrschenden Politiker von CDUSPDFDPGRÜNE weltweit militärisch die Interessen der Kapitalisten bei sog. ,friedenschaffenden Maßnahmen‘ absichern“.

Dähn beteuerte aber, daß der antimilitaristische Grundkonsens für die Grünen nach wie vor gelte. Der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Wieland begründete die Absage seiner Partei mit dem Respekt vor den Alliierten, die zusammen mit der Sowjetunion den Faschismus besiegt und damit eine demokratische Entwicklung möglich gemacht hätten. Entgegen dem Votum der Landesdelegiertenkonferenz rufen dennoch fünf Bezirksgruppen der Grünen sowie die Abteilung Frieden/Internationales in einem eigenen Aufruf zur Demonstration auf und fordern, den „Rückfall in die militärische Tradition“ zu stoppen. Für die PDS- Fraktion stellte unterdessen deren Vorsitzender Peter-Rudolf Zotl klar, daß die Unterschrift des PDS- Bundesvorstandes unter den Aufruf der Gegendemonstration ohne dessen Zustimmung geschehen sei. sev/wera