: Schweigsamer Zeuge
■ Schubladen-Ausschuß erwägt Beugehaft gegen Engholm-Referenten
Kiel (taz) – Klaus Nilius kam, sah und schwieg. Der frühere Sprecher der schleswig-holsteinischen SPD und enge Mitarbeiter von Björn Engholm hat am Montag vor dem sogenannten Kieler Schubladen-Ausschuß zum zweitenmal als Zeuge die Aussage verweigert. Der Untersuchungsausschuß erwägt nun, Erzwingungshaft gegen Nilius bei Gericht zu beantragen. Die Entscheidung soll nach Angaben eines Sprechers am kommenden Mittwoch fallen.
Nilius, der 1993 bereits als Betroffener ausgesagt hatte, klagt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen seine Ladung als Zeuge. Der Bote der Geldspende des früheren Sozialministers Günther Jansen an den Barschel-Referenten Reiner Pfeiffer bezeichnete das Vorgehen des Ausschusses als Schikane. Sein Anwalt Wolfgang Ewer erklärte, die Maßnahmen des Ausschusses dienten lediglich dazu, seinen Mandanten mürbe zu machen. Bereits im März hatte Nilius vor dem Ausschuß geschwiegen, der Ausschuß ließ daraufhin vom Gericht ein Ordnungsgeld von 1.000 Mark verhängen. Seine Weigerung begründet Nilius damit, daß ihm als Betroffener ein umfassendes Schweigerecht zustehe und die Ladung als Zeuge verfassungswidrig sei. Nach Auffassung des Ausschusses könne laut des 1993 mit den Stimmen der SPD verabschiedeten Gesetzes ein Betroffener sehr wohl auch als Zeuge geladen werden und sei dann verpflichtet, unter Strafandrohung wahrheitsgemäß auszusagen. Den Betroffenen-Status für den Schubladenausschuß haben außer Nilius, Günther Jansen und Björn Engholm, der im Zuge der Affäre im Mai 1993 als schleswig-holsteinischer Ministerpräsident und SPD-Bundesvorsitzender zurückgetreten war. Heftige Kritik üben die Genossen unterdessen an dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Gert Börnsen. Er hat dazu aufgerufen, die Verfassungsklage von Nilius mit Spenden finanziell zu unterstützen. Der Vorsitzende des Ausschusses und parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Heinz-Werner Arens, erklärte, es sei nur schwer zu begreifen, wie einzelne Parlamentarier, die selbst ein Gesetz beschlossen haben, gegen eben dieses Gesetz mit einer Verfassungsklage vorgehen. Auch wenn die Spendenaktion eine private Aktion sei, werde dies immer in der Öffentlichkeit der SPD zugeordnet. Kersten Kampe
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