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Wie man lokal global handeln kann

Die Stadt Heidelberg fängt mit der Reduktion des Kohlendioxidausstoßes schon mal an, auch wenn aus Bonn keine Unterstützung kommt / Internationale Klimakonferenz hat begonnen  ■ Von Marion Wigand

Berlin (taz) – Kommunaler Klimaschutz ist möglich. Zu diesem ermutigenden Ergebnis kommt eine Studie, die Umweltforscher Mario Schmidt vom Institut für Energie und Umweltschutz (IFEU) im Auftrag der Stadt Heidelberg angefertigt hat. Das darin entwickelte lokale Programm zur Minderung der Kohlendioxid- Emissionen ist gestern auf einer internationalen Konferenz über städtische Klimaschutzprogramme in Heidelberg vorgestellt worden.

Mit seinen 140.000 EinwohnerInnen produziert Heidelberg jährlich 1,2 Millionen Tonnen des unsichtbaren Treibhausgases, das bei jedem Verbrennungsprozeß entsteht. „Davon könnten 220.000 Tonnen eingespart werden“, zieht Schmidt Bilanz. Nach seiner Studie wird ein Drittel der Emissionen allein durch Heizungen in Privathaushalten verursacht.

190.000 Tonnen Kohlendioxid wollen Heidelbergs KommunalpolitikerInnen durch Energiesparen weniger in die Luft ablassen. Aus der Stadtkasse können Hausbesitzer Zuschüsse bekommen, wenn sie die Wärmedämmung verbessern. Auch regenerative Energien will man fördern, indem beispielsweise am Neckar ein Wasserkraftwerk entsteht.

Für den Einbau von Sonnenkollektoren gibt es 2.500 Mark Zuschuß. Eigenheimbauer, die sich anstelle eines herkömmlichen Hauses für ein sogenanntes Niedrigenergiehaus entscheiden, werden mit 5.000 Mark belohnt. Außerdem sollen die städtischen Gebäude energetisch auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden und die Hausmeister Tips zum Energiesparen erhalten.

Auf Grundlage der IFEU-Studie will die Stadt Heidelberg bis zum Jahre 2005 den Treibhausgas- Ausstoß auf ihrem Territorium um 18 Prozent vermindern. „Ein Ziel, das sehr hochgegriffen ist“, meint Mario Schmidt vom IFEU. Er halte 10 bis 15 Prozent für realistischer. Denn zum einen sei die kommunale Haushaltslage angespannt, zum anderen hapere es daran, daß auf Bundes- und Europaebene geeigente Rahmenbedingungen fehlten, wie etwa die Einführung einer Energiesteuer. Trotzdem hält Schmidt es für möglich, daß sich Heidelberg „aus eigener Kraft“ am globalen Klimaschutz beteilige.

„Energiesparen ist eigentlich ein alter Hut“ sagt Mario Schmidt, doch zum ersten Mal werde auch gezeigt, wie die Ideen praktisch umgesetzt werden könnten. Es gelte vor allem, den „einzelnen Bürger“ zu bewegen, bewußt CO2 einzusparen. Aber wichtig sei auch gewesen, alle Akteure in das Programm einzubeziehen. So wurden die einzelnen Maßnahmen mit Wirtschaftsverbänden, Betrieben, Umweltschutzgruppen, der Universität und etlichen anderen abgesprochen.

Weitaus schwieriger gestalten sich Co2-mindernde Maßnahmen im Verkehrsbereich. Obwohl rund ein Viertel der Heidelberger Treibhausbilanz den Autos und Lastwagen zuzuschreiben ist, können hier nach der Prognose von IFEU nur 25.000 Tonnen jährlich vermieden werden. „Das ist an sich wenig“, sagt Schmidt. Doch angesichts des prognostizierten Verkehrswachstums auch wiederum „außergewöhnlich viel“. Gerade wenn Kommunen ihren öffentlichen Nahverkehr ausbauen wollten, gehe das nicht ohne die finanzielle Unterstützung von Bund und Land.

Wenn Kommunen CO2 sparen wollen, dann dürfte das besonders den Schirmherrn der Veranstaltung erfreuen. Denn Bundesumweltminister Klaus Töpfer kommt angesichts der bevorstehenden Rio-Folgekonferenz in Berlin in arge Handlungsnot. Bislang fehlen überzeugende Konzepte, um sein vollmundig propagiertes Ziel, den Kohlendioxidausstoß um ein Viertel zu reduzieren, umzusetzen. Unterstützung ist da von allen Seiten händeringend willkommen. Denn auch die Klima-Enquetekommission des Bundestages forderte bereits vor vier Jahren, daß die Kohlendioxidemissionen hierzulande bis zum Jahr 2020 um 50 Prozent sinken müssen.

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