Kommentar: Bedrohte Reform
■ Kommt neues Leben in die Bibliothek?
Bildung ist für alle da – unter diesem sozialdemokratischen Slogan wurden in den 70er Jahren nicht nur Gesamtschulen in die Hochhaussiedlungen betoniert. Auch der Zugang zum Buch sollte für alle BremerInnen so einfach wie möglich werden. Mit dem Aufbau von 44 Standorten in allen Stadtteilen galt die Bremer Stadtbibliothek damals als das bundesweit fortschrittlichste Modell.
Das hat sich gründlich geändert. Heute ist Bremen die Großstadt mit dem antiquiertesten Leihsystem Westdeutschlands. Und auch im Bereich der neuen Medien – Video, Computerdisketten, CD's – hat die Stadtbibliothek den Zug der Zeit längst verpaßt. Der Grund: Durch die Aufsplitterung auf viele Kleinststandorte versickerte das ohnehin immer spärlicher fließende Geld; die Ausstattung der Regale und die Laune der Angestellten wurden mieser und mieser.
Trotzdem werden vor allem die sozialdemokratischen Ortsvereine erbittert um jeden Bibliotheks-Standort kämpfen, auch wenn er noch so selten geöffnet und noch so mager ausgestattet ist. Ein Glück also, daß jetzt eine grüne Kultursenatorin zuständig ist, die sich nicht an den Lokalproporz der SPD halten muß. Dumm nur, daß sich Helga Trüpel schon im Vorfeld mit ihrer wichtigsten Bündnispartnerin, der Bibliotheks-Direktorin, verkracht hat. So droht nach dem Scheitern des schönen Bibliotheken-Plans der 70er nun auch noch das Scheitern seiner dringend überfälligen Reform. Dirk Asendorpf
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