: Senator Hackmann „bewußt dumm gehalten“?
■ Polizei-Skandal: im Visier eine Staatsanwältin, ein Direktionschef und ein Staatsrat
Der Skandal um die beiden Polizisten Andreas P. und Stefan K. vom Revier Lerchenstraße, die im Januar den Senegalesen Dialle D. aus rassistischen Motiven zusammengeschlagen hatten (taz berichtete), weitet sich zur handfesten Polizei-Affäre aus. Entgegen den Beteuerungen von Innenbehörden-Sprecher Peter Kelch, wonach Innensenator Werner Hackmann von der Polizei über den Vorgang erst am vergangenen Donnerstag informiert worden sei, gestand Hackmann in der Samstagsausgabe des „Abendblatts“, doch schon vor Monaten über das Strafverfahren in Kenntnis gesetzt worden zu sein.
„Ich muß mir in der Tat die Frage stellen“, antwortete Hackmann auf die Frage, warum er nicht schon im Januar gehandelt, sondern erst vorigen Freitag die Beamten strafversetzt habe. Hackmann: „Ich hatte, wie mir jetzt klar geworden ist, den Ermittlungsvorgang bereits im Mai zur Kenntnis bekommen. Ich hätte schon im Mai handeln müssen, da ist mir etwas durch die Lappen gegangen.“
Für den GAL-Abgeordneten und Polizisten Manfred Mahr stellt sich eine ganz andere Frage: „Warum wurde Hackmann erst im Mai unterrichtet? Spätestens am Tag nach dem Vorfall hätte Hackmann die Akte auf dem Tisch haben müssen.“ Mahr äußert daher den Verdacht, daß die Polizeiführung etwas „unterdrücken“ wollte. Auffällig sei auch, daß derartige Übergriffe immer wieder im Wirkungsfeld von Polizeidirektionschef Richard Peters aufträten – wie auch die brutalen Polizeiübergriffe auf Demonstranten und den Journalisten Oliver Neß während der Haider-Kundgebung im Mai.
Und auch Hackmanns Staatsrat Dirk Reimers gerät zusehends ins Visier. Die „PS 3“ (Dienststelle zur Ermittlung von Beamtendelikten), die im Verfahren gegen die beiden Polizisten ermittelt hat, untersteht direkt Reimers - er muß also von dem Ermittlungsverfahren gewußt haben. Mahr: „Wenn Reimers Hackmann fünf Monate nicht informiert, ist das ein Skandal. Hackmann wird also bewußt dumm gehalten.“ Rücktritt? „Man muß sich so langsam fragen, ob er noch zu halten ist, wenn er den Apparat nicht im Griff hat“, so Mahr.
Heftige Turbulenzen stehen wohl auch in den nächsten Tagen der Hamburger Staatsanwaltschaft ins Haus, nachdem Justizsenator Klaus Hardrath offenkundig verärgert „Konsequenzen“ angekündigt hat. Denn es war wieder einmal Staatsanwältin Monika Zippel, die das Körperverletzungsverfahren gegen Andreas P. und Stefan K. unter Ausschluß der Öffentlichkeit per Strafbefehl (5400 Mark) sang- und klanglos abgewickelt hatte. Zippel schmetterte in der Vergangenheit viele der 130 Strafanzeigen gegen Beamte der Lerchenstraßen-Wache ab - entweder weil sie den Zeugen nicht glaubte oder weil angeblich keine Straftat vorlag.
Zippel war es auch, die das Verfahren gegen Polizisten im Zusammenhang mit der Mißhandlung von Frank Fennel (taz berichtete) einstellte. Fennel wurden mittlerweile vom Landgericht wegen „vorsätzlicher Mißhandlung“ 4000 Mark Schmerzensgeld zugestanden.
Nach einer Überprüfung der Zippelschen Ermittlungsakten hatte Hardrath vor einigen Monaten angeordnet, die Ermittlungen im Fennel-Verfahren wieder aufzunehmen. Am Freitag nun verfügte der Justizsenator, künftig über alle Verfahren gegen Polizeibeamte informiert zu werden. Kai von Appen
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