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■ Serbien darf nun auf die Aufhebung der Sanktionen hoffenEntlastung für Milošević?

Die Verlautbarungen der Kontaktgruppe (USA, GB, Rußland, Frankreich und Deutschland) und auch die der EU sind zwar verhalten, dennoch scheinen die Weichen dafür gestellt, die Sanktionen gegenüber Serbien schrittweise aufzuheben. Milošević soll für seine Sanktionen gegenüber den Machthabern im serbisch besetzten Gebiet in Bosnien-Herzegowina belohnt werden. Und wenn jetzt sogar nur noch russische und griechische Beobachter an die Grenzen zwischen Serbien und das serbisch besetzte Gebiet in Bosnien geschickt werden sollen, so ist dies in der Tat ein weitgehendes Angebot gegenüber dem (noch) starken Mann aus Belgrad. Denn wie schon die Erfahrungen mit russischen UNO-Truppen in Slawonien zeigen, wo russische Soldaten die Grenzkontrollen den serbischen überlassen haben, werden die Beobachter dieser befreundeten Nationen sicherlich nicht jeden Lastwagen in Augenschein nehmen.

Andererseits verhakt sich das Symbol, ausländischen Beobachtern Kontrollfunktionen zuzuweisen, mit dem ausgeprägten Stolz vieler Serben, die sich als Sieger wähnen. Die Oppositionsparteien wittern ihre Chance, im „nationalen Interesse“ Einfluß zu gewinnen. Gewichtiger für Milošević dürfte jedoch sein, daß das auf russisches, britisches und französisches Drängen zustandegekommene Angebot bei den Regierungen der USA und Deutschlands nicht sonderlich ernst genommen wird. Denn angesichts des Scheiterns der russischen Außenpolitik – die Unterschrift auch Karadžić' unter den „Friedensplan“ wurde eben nicht erreicht, serbische Truppen aus der Krajina und Westbosnien greifen die Enklave Bihać an – werden andere Maßnahmen nötig sein, um in Zukunft eine Friedensregelung in Bosnien zu erzwingen.

In den letzten Monaten wurde an der Konsistenz der US-Politik Bosnien gegenüber oft gezweifelt. Doch wird nun das Waffenembargo gegenüber der bosnischen Armee, schon jetzt, im voraus, praktisch aufgehoben. Schritt für Schritt wird die bosnische Armee in Zentral- und Ostbosnien aufgerüstet. Die nach der deutschen Wahl terminierte offizielle Aufhebung des Embargos wird den jetzt vor sich gehenden Prozeß lediglich legitimieren helfen. Das amerikanische Kalkül, so den Druck auf Belgrad zu verstärken, um die Widersacher in Pale doch noch zur Raison zu bringen, scheint in der Tat effektiver zu sein als die Arbeit von Grenzkontrolleuren, die von vornherein nicht ernst zu nehmen ist. Die Aufhebung der Sanktionen mag dem kurzfristigen Interesse Miloševićs entsprechen, sie läßt ihm jedoch alle Möglichkeiten, einen tragfähigen Waffenstillstand in Bosien weiter zu verzögern. Erich Rathfelder

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