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CDU verschleppt den Mykonos-Bericht

■ Neue CDU-Beweisanträge sollen Abschlußbericht aus Bundestagswahlkampf heraushalten / Empörung im Ausschuß

Die Atmosphäre war gespannt, als gestern die CDU im Mykonos- Untersuchungsausschuß ihre neuesten Beweisanträge ankündigte. Kaum war die nichtöffentliche Sitzung beendet, sprach Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) von „systematischer Verschleppung“, der innenpolitische Sprecher der FDP, Rolf-Peter Lange, von einem „leicht durchschaubaren Manöver“, mit dem das „völlige Versagen“ von Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) kaschiert werden solle.

Die Hoffnung, noch im Oktober den Abschlußbericht zum Mord an vier iranischen Oppositionellen während der Tagung der Sozialistischen Internationale (SI) am 17. September 1992 in Berlin unter Dach und Fach zu bringen, ist seit gestern vorerst dahin. Die CDU will nun elf Zeugen und den mutmaßlichen Drahtzieher des Attentas, den Iraner Kazem Darabi, vor den Ausschuß zitieren. Damit gerät der abgesteckte Fahrplan völlig durcheinander. Ursprünglich wollten SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ihre Änderungsanträge zu dem bereits fertigen Bericht des Ausschußvorsitzenden Julius Wallot (CDU) in diesen Tagen einbringen.

Nun steht erneut die Beweisaufnahme an. Wallot wollte daher gestern nicht ausschließen, daß der Abschlußbericht möglicherweise erst im kommenden Jahr vorgelegt werden kann – also weit über den Termin der Bundestagswahl am 16. Oktober hinausgeschoben wird. Die Vernehmung Darabis, dem derzeit mit vier anderen Angeklagten in Berlin der Prozeß gemacht wird, sei ein „Schlag ins Gesicht der Opfer“, meinte Künast. Von den elf Zeugen sei zudem „nichts Neues zu erwarten“, da schon sieben von ihnen vor dem Ausschuß ausgesagt hätten. Sowohl Bündnis 90/Die Grünen als auch die SPD brachten nun ihrerseits neue Beweisanträge ein, um die ihrer Ansicht nach schlampige Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden im Vorfeld der Tagung nochmals zu durchleuchten. Geladen werden soll unter anderem der Innensenator, dem beide Parteien Versagen in der Affäre vorhalten.

In den bisherigen Befragungen war eine Reihe von Ungereimtheiten aufgetaucht. Von seiten der CDU wurde die Übergabe einer Gefährdungsliste der Teilnehmer der SI-Tagung durch den Sicherheitsexperten der SPD, Reinhard Pauk, an die Berliner Polizei in Zweifel gezogen. Diesen will die CDU erneut vorladen. Die SPD hingegen möchte durch ihre Beweisanträge insbesondere die mangelhafte Zusammenarbeit von Staatsschutz und Landesamt für Verfassungsschutz vor Beginn der Tagung erhellen. Darabi, soviel ist sicher, war den Behörden als Aktivist der proiranischen Hisbollah bekannt. Severin Weiland

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