Der Skandal hinter dem Skandal

„Für mich ist wichtig, daß wieder Normalität in mein Leben kommt“, sagt Dialle D., das Opfer der beiden Prügel-Polizisten aus dem Schanzenviertel. Seit Bekanntwerden des Skandals hat sich kein Politiker, kein Behördenvertreter bei ihm gemeldet. Nur von Journalisten, die sich in seiner Eimsbüttler Wohnung die Klinke in die Hand geben, erfuhr der Senegalese, daß die Ausländerbehörde prüfen will, ob er aus „humanitären Gesichtspunkten“ nicht doch bleiben kann.

Ein Hohn, wenn man bedenkt, daß Dialle D. acht Jahre mit einer Deutschen verheiratet war, und zuletzt im Oktober der unbefristete Aufenthalt in Aussicht gestellt wurde. „Wenn ich keine Anzeige gestellt hätte, dann hätte ich meinen Paß bestimmt noch“, sagt Dialle D. Doch seitdem er in der Präsidialabteilung PS 3 seine Zeugenaussage gegen die Beamten machte, fehlen ihm seine Papiere. Dialle: „Ich hab geglaubt, die wollten mich erpressen, die Anzeige zurückzuziehen.“

Ein zweiter Skandal hinter dem Skandal. Der Paßeinzug sei „völlig korrekt“, da auf Anweisung der Ausländerbehörde passiert, sagt Polizeisprecher Werner Jantosch. Doch das Studium der Akte legt nahe, daß umgekehrt PS 3 Druck auf die Ausländerbehörde ausübte. Denn noch vor der Zeugenvernehmung Dialle D.s fühlte der vernehmende Beamte Hantke bei der zuständigen Sachbearbeiterin in der Ausländerbehörde vor. „Frau Brandhorst räumte ein, daß möglicherweise die Voraussetzungen für einen weiteren Aufenthalt in der BRD für den Anzeigenden nicht mehr bestehen könnten“, heißt es in einer Aktennotiz vom 25. Januar. Deshalb solle der Ausweis einbehalten werden. Als Hantke bei der Zeugenvernehmung am 30. Januar den Paß einkassierte, fand er einen neuen Grund: Es bestehe Verdacht, daß dieser „verfälscht“ sei. Ein Vorwurf, der später in der Akte nicht mehr erwähnt wird.

Das Leben ohne Paß hat für Dialle D. Konsequenzen: Nicht nur, daß er seine Arbeit verlor, auch die Hochzeit mit seiner Lebensgefährtin Jutta S. wurde ihm vereitelt. Weil Dialle D. den Paß nicht vorlegen konnte, nahm das Standesamt Eimsbüttel das Aufgebot nicht an. Die Ausländerbehörde, die in einem beispiellosen Tempo die Ausweisung des „Anzeigenden“ betrieb, blieb hart. „Es ist für das Ehepaar nicht unzumutbar, die Ehe im Ausland zu führen“, heißt es in einem Brief der Rechtsabteilung vom 11. August.

Kaija Kutter