: Grenzüberwachung mit Tücken
■ Erste Beobachter des Belgrader Embargos gegen die bosnischen Serben eingetroffen / Kroaten-Miliz HVO entzieht bosnischer Armee die Unterstützung
Berlin (taz) – Nach Angaben des serbischen Rundfunks sind die ersten Beobachter zur Überwachung der Grenze zwischen Restjugoslawien und Bosnien bereits am Mittwch in Belgrad eingetroffen. Nur Stunden zuvor hatte der serbische Präsident Slobodan Milošević der Stationierung von 135 unbewaffneten Zivilisten entlang der rund 400 Kilometer langen Grenze zwischen den exjugoslawischen Republiken zugestimmt. Sechs Mitarbeiter norwegischer „Nicht-Regierungsorganisationen“ (NGOs) sollen nun unter Leitung des schwedischen Exgenerals Bo Pellnas die dringendsten technischen Fragen im Zusammenhang mit ihrer bevorstehenden Aufgabe klären.
So hat bisher lediglich die Belgrader Regierung angeboten, die multinationale Beobachtermission mit 136 Fahrern und Dolmetschern zu unterstützen. Zudem dürfen die 135 erwarteten Mitglieder der „Monitoring Mission“ nach der Regelung vom Mittwoch lediglich Fahrzeuge, nicht aber die Ladung von LKWs kontrollieren. Die Frage der in Sarajevo erscheinenden Tageszeitung Oslobodjenje, was die Beobachter ohne weitergehende Vollmachten ausrichten könnten, scheint da berechtigt. Zumal die weiten, zerklüfteten Gebirgszüge zwischen Bosnien und den beiden restjugoslawischen Republiken Serbien und Montenegro bereits traditionell ein ideales Operationsgebiet für Schmuggler und Partisanen sind.
Daß die Region abseits der Übergänge über den Grenzfluß Drina quasi nicht überwachbar ist, weiß auch die UNO: So teilte gestern ein nicht namentlich genannter UN-Mitarbeiter der Nachrichtenagentur dpa mit, 135 Menschen könnten die Grenze „nicht wirkungsvoll kontrollieren“. Tatsächlich war in früheren UN-Studien von einem Minimum von 50 Kontrollpunkten die Rede gewesen. Demnach wären zu einer tatsächlichen Überwachung der Grenze wenigstens 500 Beobachter nötig. Milošević, der Präsident der größeren restjugoslawischen Teilrepublik Serbien, hatte nach der Ablehnung der Friedensplanes der internationalen Kontaktgruppe durch die bosnischen Serben gegen diese ein Embargo verhängt.
Einer Überwachung der Maßnahmen aber hatte sich der starke Mann in der Belgrader Führung bisher immer verweigert. Die Kontaktgruppe hatte eine Lockerung der UN-Sanktionen gegen Serbien und Montenegro, die kleinere Teilrepublik der „Bundesrepublik Jugoslawien“, von einer Überwachung des serbisch-serbischen Embargos abhängig gemacht. In Washington sprach sich der Kommandant der bosnischen Regierungstruppen, Rasim Delić, derweil gegen eine Lockerung der Sanktionen aus, da die bosnischen Serben weiterhin Waffen aus Serbien und Montenegro erhielten.
In Bosnien zog sich die nominell mit der Regierungsarmee verbündete Miliz „Kroatischer Verteidigungsrat“ (HVO) währenddessen von der Front bei Konjić zurück. In der Region um die zentralbosnische Stadt hatten sich serbische und bosnische Verbände in den letzten Tagen heftige Gefechte geliefert. Offenbar ist der Abzug eine Reaktion auf die Ankündigung der USA, daß UN-Waffenembargo zwar für die bosnische Armee, nicht aber für die HVO aufzuheben. Rüdiger Rossig
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