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Gelbe Pigmente schützen vor UV-Licht

■ Pflanzen entwickeln einen Selbstschutz gegen die Folgen des Ozonschwunds

Bremen (AP) – Was bei Menschen die Angst vor Hautkrebs nährt, bringt auch andere Organismen in Bedrängnis: Wegen des Ozonschwunds in der Atmosphäre dringt mehr ultraviolettes Sonnenlicht zum Erdboden und gefährdet auch Pflanzen. Biologen an der Bremer Universität haben jetzt herausgefunden, wie Pflanzen sich gegen das harte Licht schützen.

Das UV-Licht trifft den Nerv des pflanzlichen Lebens. Denn Hormone und die DNA, die die Erb-Information trägt, nehmen besonders viel davon auf. Wachstum und Entwicklung der Pflanze sind bedroht, denn das UV-Licht zerstört die Bindungen innerhalb dieser Moleküle. Zwar hat die Pflanze genug Lebenskraft, um die Trümmer immer wieder zusammenzufügen. Aber wenn sie sich nicht rechtzeitig vor der UV-Strahlung schützen kann, verliert sie den Wettlauf. Also bildet die Pflanze kleinere Blätter aus oder läßt sich mehr Haare auf den Blättern wachsen, um sich selbst Schatten zu spenden. Die Bremer Forscher haben jetzt in der Natur beobachtet, daß die Pflanzen außerdem über einen Schutz verfügen, der dem Bräunen der Haut beim Menschen entspricht: Sie bilden Farbpigmente, die einen Teil des tödlichen Lichtes unschädlich machen.

Der Biologe Helmut Panten ist dafür in den Kaukasus gereist. Zwischen 1.500 und 3.000 Metern Höhe hat er Wildkräuter gesammelt. Das Ergebnis: Die Pflanzen aus den höchsten Lagen, wo das UV-Licht stärker als im Tal ist, hatten fast 25 Prozent mehr Pigmente gebildet als die Pflanzen im Tal. Was Wildkräuter können, dazu sind auch die Nutzpflanzen in der Lage. Einige können bei verdoppelter UV-Strahlung auch ihre Pigment-Produktion verdoppeln. Biologen der Karlsruher Universität sind für ihre Versuche mit Mais und Bohnen nicht ins Gebirge, sondern nach Portugal gefahren, wo das ultraviolette Licht aufgrund der südlicheren Breite stärker ist als in Deutschland.

Nutzpflanzen, deren Wildform aus dem Mittelmeer stammt, sind beim Schutz vor der harten Strahlung flexibler als nordeuropäische Pflanzen. Für alle gilt jedoch: Die Farbstoffe sichern zwar das Überleben, aber sie können nicht verhindern, daß die Pflanzen verkümmern. Denn wichtige Wachstumshormone liegen in der Außenhaut der Pflanze, also noch außerhalb des Farbschutzschirms und werden deshalb vom ultravioletten Licht angegriffen. Die Karlsruher Experten befürchten deshalb, daß die Erträge der Nutzpflanzen trotz des Pigmentschutzes schrumpfen, wenn die Ozonschicht weiter zerstört wird. Michael Weisfeld

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