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Embryonen-Experimente mit bestem Gewissen

■ Neue Richtlinie des Europarats: Bioethiker wollen Grenzen für die Hightech-Medizin weiter ausdehnen

Berlin (taz) – Die Grenzen für die High- Tech-Medizin sollen weiter verschoben werden. Forschungsexperimente mit im Reagenzglas gezeugten Embryonen, medizinische Versuche mit unmündigen Patienten und – wenn es die „öffentliche Sicherheit“ erfordert – die Weitergabe von genetischen Daten sollen zukünftig erlaubt sein. Dies sieht der überarbeitete Entwurf der Bioethik-Richtlinie des Europarates vor. Nur der Eingriff in die menschliche Keimbahn soll nach dieser Richtlinie nicht erlaubt sein. Eine Hintertür haben sich die Bioethiker jedoch auch hier offengelassen. Heißt es doch im Anhang zur Konvention, daß es mit dem „gegenwärtigen Kenntnisstand“ nicht möglich sei, alle Folgen für die nachkommenden Generationen zu überblicken. Wenn sich der wissenschaftliche Kenntnisstand ändert, wird dieses Verbot wieder zur Disposition stehen.

Der von einem sogenannten „Lenkungskomitee für Bioethik“ erarbeitete Entwurf soll bereits Anfang Oktober von den Vertretern der 32 Mitgliedsstaaten des Europarates verabschiedet werden. Für den SPD-Bundestagsabgeordneten Robert Antretter viel zu früh. Erst im Mai war der bis dahin als „vertraulich“ eingestufte erste Entwurf der Bioethik-Konvention gegen den Willen des Lenkungsausschusses öffentlich gemacht worden (taz vom 2.Mai). Die Diskussion über die Bioethik war anscheinend unerwünscht. Antretter will deshalb die Notbremse ziehen. Auf seinen Wunsch hin wird morgen die SPD- Fraktion darüber diskutieren, ob sie am Mittwoch einen Entschließungsantrag in den Bundestag einbringt. Bevor der Europarat endgültig über die Richtlinie entscheidet, soll erst einmal der Bundestag sich damit befassen. Wolfgang Löhr

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