: Rechtsradikales in Polizeischule
■ Dozenten beschwerten sich über ausländerfeindliche Nachwuchsbeamte / Polizeiskandal: Acht Suspendierungen vom Tisch Von Kai von Appen
Gegen acht Beamte des aufgelösten Einsatzzuges „Mitte 1“ sollen heute die in der vorigen Woche unmittelbar nach dem Rücktritt von Innensenator Werner Hackmann ausgesprochenen Suspendierungen zurückgenommen werden. Das erfuhr die taz aus gut unterrichteten Polizeikreisen. Nach Prüfung durch eine Disziplinarkommission seien die Dienstenthebungen beamtenrechtlich nicht mehr haltbar, da diese acht Polizisten erst nach dem August 1993 zum Einsatzzug versetzt worden seien und daher an den ausländerfeindlichen Übergriffen nicht beteiligt gewesen sein können.
Wie berichtet, wird einigen Beamten dieser Einheit vorgeworfen, bis August 1993 im Rahmen ihres Einsatzes bei der „Kora“ (Koordinierungsgruppe Rauschgift) Afrikaner auf dem Revier Kirchenallee im hinteren Zellentrakt mißhandelt zu haben. Für die Rücknahme der Suspendierungen wird die Polizei heute die Zustimmung der Staatsanwaltschaft einholen.
Unterdessen zieht der Polizeiskandal weitere Kreise. Nach Informationen der taz gibt es auf der Landespolizeischule eine Anzahl von PolizeianwärterInnen, die offen rassistische und nationalistische Parolen vertreten. Auch diese Vorfälle ereigneten sich zum Teil Ende vorigen und Anfang diesen Jahres.
In ihren Lehrgängen mit den Polizei-Lehrlingen stellten Dozenten und Politologen im Gegensatz zu früheren Jahrgängen verstärkt rechtsradikale Tendenzen fest. Ein Insider: „Es wurden von Lehrgangsteilnehmern zum Teil offen ausländerfeindliche Positionen vertreten – einige Polizeianwärter vertraten sogar rechtsradikale Parolen.“
Eine Gruppe von Dozenten unterrichtete daraufhin den Leiter der Landespolizeischule Manfred Bienert über das Problem. Bienert informierte seinerseits die Polizeiführung und bekam den Auftrag, einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten. Ex-Innensenator Werner Hackmann war offenbar nicht in Kenntnis gesetzt worden. Innenbehördensprecher Peter Kelch gestern zur taz: „Von einem derartigen Problem war Hackmann nichts bekannt.“ Und Innenstaatsrat Dirk Reimers? „Das kann gut sein“, so Kelch. Reimers hatte in der Innenausschuß-Sondersitzung am vergangenen Donnerstag eingeräumt, von „Äußerungen“ aus der Polizeischule in dieser Richtung gehört zu haben.
Die Hamburger Polizei macht zu dem Ausmaß des Problems in der Alsterdorfer Polizeischule keine Angaben. Leiter Manfred Bienert befindet sich nach offiziellen Angaben im Urlaub und Polizeisprecher Werner Jantosch bestätigt nur die Existenz des Problems: „Die Leitung der Landespolizeischule hat der Polizeiführung einen Bericht vorgelegt, in dem Vorschläge und Maßnahmen zur Klimaverbesserung zusammengefaßt sind.“
Und welche Maßnahmen? „Dazu möchte ich nichts sagen“, so Jantosch.
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