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Gericht beruhigt Stader Straße

■ OVG: Planungsfehler der Behörde, Brücke ohne Anschluß zu bauen

Straße ist nicht gleich Straße. Es gibt Haupt- und Nebenverkehrsstraßen, und zu guter Letzt gibt es auch noch Planungsfehler der Baubehörde. Gestern tagte das Oberverwaltungsgericht gleich zweimal in Sachen Beeinträchtigungen einzelner BürgerInnen durch den Straßenverkehr. Im ersten Verfahren ging es um die Schwachhauser Heerstraße, im zweiten um die Stader Straße.

Die erste Klägerin - sie möchte ihren Namen aus Angst vor Repressalien nicht genannt wissen, so ihr Anwalt Andreas Reich - hatte vor einigen Wochen einen Herzinfarkt, und ist zur Zeit in Kur. Damit sei genau das passiert, was durch Lärmbelästigung eintreten kann, sagte ihr Anwalt gegenüber dem Gericht. Gesundheitsbeeinträchtigung hin oder her, das Anliegen der Klägerin den Durchfahrtsverkehr für LKW zu sperren und Tempo 30 einzuführen schien dem Gericht nicht durchführbar. „Denn wir halten die Schwachhauser Heerstraße für eine städtische Magistrale“, sagte Richter Günter Pottschmidt. Der Straßenzug führte schon zu Kutschers Zeiten aus der Stadt heraus. Nun stünde man lediglich vor der Ermessensfrage, ob man die Beeinträchtigungen der Klägerin, „die ja beträchtlich sind“, eventuell mit Ersatzleistungen entgegenen müsse. Das es kein Vergnügen sei, dort zu wohnen, wußte auch der Rechtsanwalt der Angeklagten Stadt Bremen, Volkmar Schottelius. Aber es sei nun mal der Lauf der Welt, daß der Verkehr zugenommen habe. 32.000 Kraftfahrzeuge, davon etwa 1.100 LKW, rasen täglich durch die Schwachhauser Heerstraße. Das Gericht prüft nun in aller Stille und sendet das Urteil zu, wie immer bei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts.

Beim zweiten Prozeß mußten Stühle herbeigeschafft werden. „So viele waren hier noch nie“, so eine Angestellte. Knapp dreißig ZuschauerInnen aus dem Spektrum der Bürgerinitiative konnten befriedigt erleben, wie Richter Pottschmidt der Baubehörde einen Planungsfehler bescheinigte. „Ich bin da vielleicht ein bißchen naiv. Aber wenn sie 1966 eine Brücke bauen, dann hatten sie rund 20 Jahre Zeit den Anschluß zu bauen“, sagte er.

Man wisse zwar nicht wie viele der täglich rund 16.000 Fahrzeuge in der Stader Straße von der Erdbeerbrücke kommen, doch früher war die Straße als reine Wohnstraße gewiß nicht so belastet, stellten die Richter fest. Das Argument der Behörde, daß die Stader Straße ebenfalls wie die Schwachhauser Heerstraße eine Hauptverkehrsstraße sei, lehnte das Gericht rundweg ab. Sie sei eher Vergleichbar mit der Verdener Straße, und das ist eine Nebenstraße. Richter Pottschmidt blieb dabei: „Es ist eine Planungsfolge, daß die Stader Straße nun so voll ist mit Verkehr.“

„Aber eine Exekutive kann in dieser Art dafür nicht verantwortlich gemacht werden“, fand Behördenverteters Peter Noltenius. Daß die Georg-Bitter-Trasse nicht gebaut wurde, sei eine politische Entscheidung gewesen. Pottschmidt bedauerte ihn zwar, aber „in diese Situation kann ein Stadtmanagement kommen, wenn es nicht in der Lage ist, zu einem schlüssigem Verkehrskonzept zu kommen.“

vivA

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