: Umdenken ist angesagt
■ betr.: Polyvinylchlorid: Der Zwang zum Umdenken“, taz vom 15.9.1994
Ein Umdenken in Sachen PVC ist tatsächlich angesagt. Denn aufgrund der enormen umwelttechnischen Anstrengungen der Industrie kann der Kunststoff-Oldie PVC heute sein Comeback feiern; Kein Werkstoff ist derzeit so gut untersucht wie PVC, stellte jüngst die Enquetekommission des Deutschen Bundestages fest und bescheinigte ihm gute Chancen im ökologischen Wettbewerb. Daran will die AgPU auch künftig arbeiten.
Um so nachdrücklicher müssen wir den Aussagen des o.g. Artikels widersprechen, daß die Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt nur „halbe Wahrheiten erzähle“ oder gar Erkenntnisse „lieber ganz verschweigt“. Im Gegenteil: Daß in Klärschlämmen, die bei der Reinigung von Produktionsgewässern entstehen, Dioxine gefunden worden sind, ist weder neu, noch wird es von der AgPU bestritten. Die volle Wahrheit ist jedoch: 1. Die Entstehung stammt aus dem Vorprodukt Vinylchlorid; 2. Durch technische Maßnahmen kann heute sichergestellt werden, daß eine unkontrollierte Freisetzung weitestgehend verhindert wird; 3. Wenn dennoch minimale Dioxinmengen freigesetzt werden, dann wird die vorhandene Grundbelastung nicht nennenswert erhöht. Darüber hat die AgPU bereits im Mai 1994 öffentlich informiert, betroffene Firmen nachweislich seit 1991.
Ein positives Umdenken in Bezug auf PVC ist auch deswegen wünschenswert, weil dieser Kunststoff Kosten sparen hilft. Nämlich allein im Berliner Wohnungsbau der nächsten Jahre mehr als 1,6 Milliarden Mark. Unerklärlich ist die Behauptung des o.g. Artikels, der zuständige Referatsleiter im hessischen Bauministerium könne die dahinterstehende Rechnung nicht nachvollziehen. Denn von dort stammen die Basiszahlen. Der hessische Bauminister Jordan hat bereits 1993 erklärt, daß für alle Gewerke im öffentlichen Wohnungsbau bei einem vollständigen PVC-Verzicht pro Wohnung 4.400 Mark an Mehrkosten anfallen. Wenn man nun weiß, wieviel Wohnungen Berlin in den nächsten Jahren bauen oder modernisieren will, kann man sich sehr leicht ausrechnen, welche ungeheuere Summe auf den Steuerzahler zukäme, wenn der Berliner Senat bei der PVC-Beschränkung bleiben würde.
Die Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt will gerade auch in dieser Hinsicht aufklären. Denn wenn auf PVC verzichtet würde, ohne daß es der Umwelt etwas nützt, dann wäre das Ganze doch ein gigantischer Öko-Bluff. Und da ist es in der Tat besser, vorher umzudenken. Werner Preusker, Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e.V., Bonn
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