: "Nicht hochspielen"
■ Interview mit dem bündnisgrünen Abgeordneten Bernd Köppl über das Strategiepapier aus seiner Partei, mit der PDS zu koalieren
taz: Welche Konsequenzen hat das Strategiepapier, das sich für ein Koalitionsangebot an die PDS ausspricht, für die Berliner Bündnisgrünen?
Bernd Köppl: Keine sehr großen. Es ist ein normaler Debattenbeitrag zur zukünftigen Orientierung, wie wir in Berlin auf diese strategische Frage reagieren. Es wird wahrscheinlich zehn, fünfzehn Debattenbeiträge von ähnlicher Qualität geben und man sollte dieses Papier nicht hochspielen.
Wie wollen die Bündnisgrünen ihren WählerInnen so eine Position verkaufen?
Wir stecken im Augenblick in einem strategischen Dilemma. Auf der einen Seite streben wir eine rot-grüne Mehrheit an und gleichzeitig wissen wir, daß das Wählerverhalten in Berlin wahrscheinlich nicht ausreichen wird, dies aus eigenen Kräften zu schaffen. Wenn wir sagen, wir wollen die Ablösung der Großen Koalition durch Rot- Grün, stehen wir damit immer vor der Frage, brauchen wir dafür PDS-Stimmen oder nicht. Dadurch wird das ganze Projekt einer rot-grünen Mehrheitsbildung immer mit der Frage PDS verknüpft. Dies wird sehr viele Ängste und Befürchtungen insbesondere in Westberlin auslösen.
Welche Konsequenzen hätte eine Duldung der PDS für eine rot- grüne Reformpolitik?
Es würde sehr viel schwieriger, eigene Reformprojekte durchzusetzen. Unsere Vorschläge für eine ökologische und soziale Reformpolitik stoßen bei einem Teil der Bevölkerung ohnehin auf Widerstand. Die Reformpolitik wird dann zusätzlich auf das Vorurteil stoßen, daß dies gestützt auf die PDS erst möglich ist.
Wie ist die Frage einer Zusammenarbeit mit der PDS Anfang September auf der Fraktionsklausur diskutiert worden?
Es lagen Papiere zu allen drei Positionen vor. Es gab die Position, daß das aus übergeordneten politischen Gründen nicht geht und daß man das nicht thematisieren sollte, weil es ein aussichtsloses Unterfangen ist. Und es lag ein Papier vor, daß man erst dann, wenn sich die SPD für diese Frage öffnet, sagt, wir würden diese Linie unterstützen. Und es lag ein Papier vor, wir sollen dieses Thema offensiv anpacken und der PDS eine Koalition anbieten. Es gab eine Debatte, ohne daß wir zu einer Mehrheitsbildung gekommen wären.
Wie stark ist die Strömung bei den Berliner Bündnisgrünen, die für eine Koalition mit der PDS ist?
Es ist eine Minderheitsströmung, die vor allem vom Umfeld des Linken Forums ausgeht. Ich glaube, die übergroße Mehrheit der Bündnisgrünen wird sich gegen eine Koalition mit der PDS aussprechen, wäre aber wahrscheinlich bereit, eine Minderheitsregierung mit der SPD mitzutragen, wo man wahlweise von PDS oder CDU toleriert wäre.
Führt die Debatte um das Verhältnis zur PDS zu einer Zerreißprobe zwischen Ost und West?
Es gibt nur sehr wenige Stimmen, die im Moment in Richtung Spaltung oder Zerreißprobe reden. Interview: Dorothee Winden
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