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Eine Sauna für Müllwerker auf der Deponie

■ Bund der Steuerzahler listet Verschleuderung von Steuern über fünfundfünfzig Milliarden Mark auf / Bürgersteige aus Marmor und millionenschwere Intendanten

Berlin (dpa/taz) – Eine Brücke ohne Straße im Bezirk Halle, ein leerstehender Postneubau in Augsburg, Millionen-Abfindungsbeträge für einen zurückgetretenen Co-Intendanten – Lustiges und Haarsträubendes findet sich im jetzt vorgestellten 22. Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdSt), mit dem öffentliche Verschwendung gegeißelt wird. Auf rund 55 Milliarden Mark im Jahr schätzt der BdSt die vergeudete Steuermasse – mehr als fünf Prozent der staatlichen Einnahmen aus Steuern und Gebühren.

Zu den vom BdSt aufgelisteten Kuriositäten gehört die Sauna auf dem Gelände der Mülldeponie in Kassel. Die Sauna für die Müllwerker wird aus Abfallgebühren finanziert. Ebenfalls kurios, aber schon etwas teurer, war eine Brücke in Sangerhausen bei Halle. Fünf Millionen Mark kostete das gute Stück – nur leider hat die Brücke keinen Anschluß und ist nicht benutzbar. – Die geniale Öko-Idee der Postbank mutete besonders umweltbewußt an, entpuppte sich aber bei genauerem Nachrechnen als echter Behördenstreich: Die Postbank bat ihre Kunden, abgelaufene Postbank- Cards zerschnitten als Brief zurückzuschicken, um daraus Kunststoffrohre herzustellen. Ein Meter Kunststoffrohr wiegt 160 Gramm, das 40fache einer Karte. 40 Karten kosten bekanntlich 40 Mark Porto – der Fabrikpreis für einen Meter Kunststoffrohr liegt dagegen bei 30 Pfennig.

Apropos Porto: Auch in Sprockhövel in Nordrhein-Westfalen hatten Behördenangestellte offenbar ihre Taschenrechner verlegt. Eine Bürgerin wurde mit einem eine Mark teuren Behördenbrief angemahnt, doch bitte 97 Pfennig Grundsteuer nachzuzahlen.

Genau müssen sie eben sein, die Behörden. Auch im Saarland wollte man ganz genau wissen, wieviel Bäume denn nach den Orkanen der Jahre 1991 und 1992 zur Wiederaufforstung fällig seien. Das Wirtschaftsministerium des Landes veranlaßte Luftaufnahmen der betroffenen Gebiete. 100.000 Mark kosteten die Fotos – aber leider waren sie „wegen der hohen Ungenauigkeit“ nicht verwendbar.

Eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung Aachen mußte ebenfalls hoch hinaus. Sie bediente sich lange Zeit einer stinknormalen Küchenleiter, um zur Überwachung der Verkehrssünder die einzige städtische Blitzlichtkamera abwechselnd in einem der zehn „Starenkästen“ zu montieren. Das aber bemängelte die Unfallversicherung. Eine 2.600 Mark teure Aluminiumleiter wurde gekauft – die wiederum paßte in keinen normalen Pkw. Es gab keinen Transporter und nicht das nötige Personal, um die Alu-Leiter zu bedienen. Jetzt hilft die Feuerwehr mit einer Hebebühne.

Vieles, was eine Verbesserung sein soll, zeigt sich im nachhinein als bodenlose Verschwendung. Und die geht in die Millionen. Ein berühmtes Beispiel ist das neue Postdienstgebäude in Augsburg , auch „Schwarz-Schillings Unvollendete“ genannt. Vor fünf Jahren wurde der Grundstein gelegt, insgesamt 60 Millionen Mark verbaut. Nur paßt der Bau nicht mehr in die neue Poststruktur. Seit Herbst 1992 steht das Millionengrab leer.

Teuer ist auch die Renovierung der Hegelstraße in Magdeburg Zehn Millionen Mark genehmigte sich Magdeburg für den Ausbau der Fußwege mit Intarsien aus weißem italienischen Marmor und noblen historischen Kandelabern – unnötiger Luxus, findet der BdSt.

Kostspielig war auch der Rücktritt des Co-Intendanten der Oper in Frankfurt/Main, Ulrich Schwab. 44 Monatsgehälter à 26.000 Mark kostete Hessens „teuerster Spaziergänger“. Nicht alles, was nach Aufschwung aussieht, wird auch einer. Diese Erfahrung mußten die Behörden in Ziegelroda in Sachsen-Anhalt machen. Über acht Millionen Mark wurden bisher aus Mitteln von Bund, Land und EU für die Erschließung eines 45 Hektar großen Gewerbegebietes verbaut. Nur Investoren gibt es bis heute nicht.

Soweit die weniger bekannten Schildbürgerstreiche aus der Liste der BdSt. Dieser macht sich dafür stark, „den Straftatbestand der ,Amtsuntreue‘ ins Strafgesetzbuch aufzunehmen“, so BdSt-Präsident Karl-Heinz Däke. Wer Steuergelder verschwendet, soll danach mit Geldstrafe oder Freiheitsentzug bestraft werden. Dafür fordert der BdSt die Einsetzung von „Amtsanklägern“. BD

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