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Die großen gehen schlecht

■ Seit zwei Monaten hat der erste Berliner Sexshop für Frauen geöffnet / Vibratoren aller Arten und Größen sind der Verkaufsschlager in dem gutgehenden Geschäft

„Fühlen Sie mal, der fühlt sich an wie ein echter“, sagt Eva Krüger lachend, „und ganz leise ist er auch.“ Sie greift in das vollgestellte Regal, dreht den Schalter an, und fast geräuschlos beginnt der fleischfarbene Vollgummivibrator mit seinen Bewegungen. „Haut“ oder „fleisch“ ist die dominante Farbe in dem kleinen „Hinterzimmer“, aber Eva Krüger hat auch hellgrüne, zartlilane und bananengelbe Vibratoren im Angebot. Einige sind zusätzlich mit poppig- bunten Kügelchen gefüllt, die sich ebenfalls bewegen, andere haben außer dem beweglichen Hauptteil noch ein oder zwei weitere Stimulationshilfen. Manche vibrieren nur langsam, andere stoßen, und bei einem stöhnt gleichzeitig eine Männerstimme. Auch Doppeldildos für lesbischen Sex liegen im Regal. Die Größen sind unterschiedlich, „und ganz anders als Männer meinen, verkaufen sich die großen eher schlecht“, sagt Eva Krüger.

Seit zwei Monaten betreibt sie mit ihrer Freundin den ersten Berliner Sexshop nur für Frauen, und die Vibratoren sind ihr Verkaufsschlager: „Die meisten Frauen kommen wegen unserem Hinterzimmer.“ Während einige dorthin selbstbewußt durchstarten oder ihren Kaufwunsch gleich nach Eintritt äußern, drucksen andere herum und schauen sich erst alles an, bevor sie sich in den Raum mit dem Sexspielzeug wagen.

Die beiden Ladenbesitzerinnen, die vorher unabhängig voneinander ein Schmuckgeschäft und ein Sonnenstudio betrieben, kamen durch das Fernsehen auf die Idee: „Schreinemakers live“ stellte den ersten Münchener Frauen- Sexshop vor. Die beiden Berlinerinnen hatten „Spaß an der Idee“ und witterten eine Marktlücke. „Auch bei Frauen ist das Bedürfnis nach Dessous oder Liebeshilfsmitteln da, aber oft haben sie Hemmungen“, meint die 40jährige Eva Krüger und läßt sich auf einem der beiden schwarzen Sofas in der Ecke ihres „Erotikshops“ nieder. Die herkömmlichen Sexshops seien für Männer gemacht. „Frauen gehen da nicht gerne rein, und wenn, dann werden sie beguckt und auch angemacht.“ Bei „NFF“ – nur für Frauen – soll das anders sein: „Wir wollen den Beobachtungseffekt ausschalten, die Frauen beraten und ihnen so die Hemmungen nehmen.“ Damit scheinen die geschäftstüchtigen Ladies richtig zu liegen: „keine aufreizenden Blicke von Männern“, „kein typisches Sexshop-Publikum“ und „weil es nur für Frauen ist“ – das zieht Kundinnen in den Frauen-Sexshop. Außerdem gefällt ihnen, daß frau in einer „ungezwungenen Atmosphäre“ „Informationen bekommt“ und „ungestört probieren kann“.

Den Eindruck eines schummerigen Schmuddelsexshops erweckt der Laden in der Nähe des Adenauerplatzes nicht. Tapeten und Teppich sind hell, die Wände schmücken links Akte in Öl, rechts schwarze Lackslips und ebensolche Bodies. Neben Lack und Leder in schwarz und rot hängt Spitzenwäsche in weiß und hellblau auf den drei runden Chromständern. Auch Gürtel und Schmuck, Sexbücher mit und ohne Bilder „für jeden Geschmack von soft bis hart“ und „Klassiker der erotischen Literatur“ vornehmlich aus dem vergangenen Jahrhundert liegen in den Regalen. Auf der Suche nach „Erotikfilmen“ sind die beiden Besitzerinnen noch. Mit Gewalt hat Eva Krüger dabei keine Probleme. NFF will eben alles anbieten, „was Vergnügen bereitet“.

Bei ihrer Auswahl haben sich Eva Krüger und Hildegard Schubert bei Beate Uhse beraten lassen, außerdem Kataloge gewühlt und auch ihrem eigenen Geschmack vertraut. „Wir waren selbst überrascht, was es alles gibt: sogar Gummipuppen für Frauen“, erinnert sich Hildegard Schubert.

Die Sexshopbesitzerinnen scheinen den Geschmack ihrer Kundinnen getroffen zu haben: Durchschnittlich zehn Frauen kommen täglich und blättern für Dessous zwischen 20 und 400 Mark, für Vibratoren zwischen 15 und 200 Mark über die schwarze Ladentheke. Ihre jüngste Kundin schätzt Eva Krüger auf 20, die älteste sei bereits 72 Jahre alt gewesen. Trotz des Lobes für den männerfreien Raum befürworten die meisten von ihnen in dem kleinen Fragebogen, den Eva Krüger und Hildegard Schubert ihren Kundinnen geben, daß der Laden in der Brandenburgischen Straße in Wilmersdorf einmal im Monat auch für Paare geöffnet sein sollte. Sabine am Orde

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