: VPM führt CDU vor
■ Mitglied einer rechten Psychosekte organisiert Anti-Drogen- Ausstellung / CDU-Politiker werten die Veranstaltung auf
Für den „Verein für Psychologische Menschenkenntnis“ (VPM) dürfte das Wochenende Anlaß zur Genugtuung sein. Mit großer Politprominenz, allen voran Hanna- Renate Laurien als Präsidentin des Abgeordnetenhauses, wird am Sonntag eine Ausstellung des Anti-Drogen-Arbeitskreises (ADAK) der Jungen Union (JU) in Charlottenburg eröffnet. Titel: „Leben ohne Drogen! Leben mit Perspektive!“ Hauptorganisator und erster Ansprechpartner des ADAK ist Olaf Lange, seines Zeichens nicht nur Mitglied der CDU und der JU Charlottenburg, sondern auch Vorsitzender des „Arbeitskreises für ein qualifiziertes Studium“ (AQS) an der Technischen Universität.
Der AQS, der im November 1992 in Berlin gegründet wurde, ist nach Erkenntnissen des Sektenbeauftragten der Evangelischen Kirche, Thomas Gandow, „die Studentenorganisation des VPM“. Bereits im Vorfeld der Veranstaltung im Bürgerbüro der CDU Charlottenburg in der Behaimstr. 10 konnten die Organisatoren ihren Stolz nicht verhehlen: Auf Einladungen verschickten sie die schriftlichen Grußworte von Bundeskanzler Kohl („Ihrer Ausstellung wünsche ich, daß sie ein Beitrag dazu ist, daß die Drogenpolitik in der Bundesrepublik wieder zur konsequenten Umsetzung des Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplanes zurückkehrt“), des Regierenden Bürgermeisters Diepgen sowie des Bundesdrogenbeauftragten Lintner (CSU).
Offenbar hat sich die Arbeit der rechten Psychosekte, die 1986 in Zürich gegründet wurde und in Berlin als „Gesellschaft zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis“ (GFPM) firmiert, ausgezahlt. Wiederholt hatten Kritiker in der JU versucht, den Einfluß der Organisation innerhalb des CDU-Nachwuchses zurückzudrängen. Doch innerhalb des mehrheitlich konservativen Landesverbandes – dessen größter Kreisverband Charlottenburg ist – stießen sie auf taube Ohren. Im Juni lehnte der JU-Landesausschuß einen seit längerem heftig umstrittenen VPM-Abgrenzungsantrag aus dem Kreisverband Steglitz endgültig ab.
Der VPM/GFPM, der seine Kritiker mit Prozessen überhäuft und mit dem Regierungsdirektor und Wilmersdorfer CDU-Mitglied Wilhelm Spatz in der Berliner Innenbehörde einen ranghohen Vertreter sitzen hat, kämpft für eine rigide Drogenpolitik. Daran lehnen sich auch die Kernaussagen des ADAK an: Die Familie sei ein „Bollwerk gegen die Drogengefahr“, Eltern sollten wieder „mehr Mut zur Erziehung“ zeigen, Drogenmißbrauch und die „damit zusammenhängende Kriminalität“ würden zunehmen, wenn Staat und Polizei die Gesetze „liberal handhaben“. Lauriens Sprecher Stephan Georg Sassenroth wollte bis gestern nichts über die personellen Verflechtungen zwischen ADAK und VPM-Tarnorganisationen gewußt haben. Von Langes Mitarbeit im AQS höre er „zum ersten Mal“. Die Präsidentin wolle mit ihrem Auftritt lediglich „eine Aktivität der JU würdigen“. Der Sektenbeauftragte Gandow zeigte sich erschüttert: „Es scheint, daß der VPM nicht nur in der äußersten Rechten, sondern auch in Untergliederungen der demokratischen Parteien zunehmend an Einfluß gewinnt.“ Severin Weiland
Siehe auch Kommentar Seite 31
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