: Deutschland schmückt sich mit fremden Federn
■ Töpfer begrüßt Protokollentwurf der Inselstaaten für die Klimakonferenz
Genf (taz) – Im eigenen Kabinett konnte er sich nicht durchsetzen. Um so lauter „begrüßt“ der deutsche Umweltminister jetzt, daß 35 kleine Inselstaaten (als einzige unter den 161 Unterzeichnerländern der Klimarahmenkonvention von Rio) bis zum Ablauf der Frist am 28. September einen formalen Protokollentwurf vorgelegt haben zur Verschärfung der Klima-Konvention auf der Rio-Nachfolgekonferenz im Frühjahr.
„Erneut“, so schreibt Klaus Töpfer, habe „sich bewiesen, daß unsere Zusammenarbeit mit diesen Staaten als Verbündete für eine anspruchsvolle internationale Klimapolitik zu Fortschritten führt“.
Auf Erstaunen stößt dieser Satz beim UNO-Umweltprogramm (Unep) in Genf. Diplomaten aus den 35 kleinen, fast sämtlich auf der südlichen Erdhalbkugel gelegenen Inselstaaten empfinden ihn schlicht als „paternalistische Anmaßung“ eines nördlichen Industriestaates. Auch völlig ohne deutsche Hilfestellung seien die Inselstaaten in der Lage gewesen, die ihnen von einem globalen Temperaturanstieg drohenden Gefahren zu erkennen. Zentrale Forderung des Entwurfs: Reduzierung der Kohlendioxidemissionen in den Industriestaaten um 20 Prozent bis zum Jahre 2.005 (verglichen mit dem Niveau von 1990).
Enttäuschung herrscht bei den Inselstaaten, daß Berlin-Gastgeber Deutschland darauf verzichtete, zumindest diesem Anliegen durch einen eigenen Protokollentwurf stärkeres politisches Gewicht zu verschaffen. Ohne den Druck, der von einem deutschen Protokollentwurf ausgegangen wäre, seien die Chancen für einen Beschluß der Berliner Konferenz zur Verschärfung der Klimakonvention „minimal“, heißt es im Sekretariat der Konvention.
Auf Skepsis stößt hier auch Töpfers Ankündigung, er wolle die EU auf einem Umweltministertreffen der Zwölf am 4. Oktober noch zu einer aktiveren Rolle bei der Klimavorsorge drängen. Während der letzten Vorbereitungsverhandlungen für Berlin Mitte August hatte die vom Umweltministerium geführte Bonner Delegation nach einem Veto des Wirtschaftsministeriums auf die Einbringung eines Protokollentwurfs verzichtet. Andreas Zumach
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