: Fundi-Sekte hoffähig gemacht
Rita Süssmuth trat in Köln zusammen mit den „Süleymanci“ auf / Eine „fundamentalistische autoritäre und faschistoide“ Sekte, die den Koran zum Leitfaden der Staatsordnung machen will ■ Von Leyla Batur
Ob Rita Süssmuth wußte, mit wem sie da am Tag der Einheit, dem 3. Oktober, in Köln auftrat? Wohl kaum. Denn sonst wäre ihre Begeisterung begrenzt gewesen. „Auf diesen Moment habe ich lange gewartet“, sagte sie bei ihrer Festrede, „zum allerersten Mal spreche ich in einer Moschee vor den Vertretern der drei großen Religionen.“ Juden, Christen und Muslime hatten sich versammelt, um friedliches Miteinander zu demonstrieren. „Die türkische Botschaft hat uns leider nicht beehrt“, sagt Yakup Memis, der neue Vorsitzende des Verbands islamischer Kulturzentren, auf dessen Initiative die Veranstaltung zurückgeht. Aber wen wundert das auch? Die offiziellen Vertreter der Türkei hüteten sich, in Zeiten der fundamentalistischen Bedrohung jene Vertreter der islamistischen Bewegung zu beehren, denen Rita Süssmuth ihre Aufwartung machte.
Der Verband der islamischen Kulturzentren in Deutschland gehört der Sekte der „Süleymanci“ an, die von Süleyman Hilmi Tunahan (1888 bis 1959) gegründet wurde. Der türkische Journalist und bester Kenner der Szene, Rusen Cakir, bezeichnet ihre Struktur als „autoritär und faschistoid“. Ihr werden Kontakte zu den „Grauen Wölfen“ nachgesagt. Die Sekte will sowohl das tägliche Leben als auch die Staatsordnung nach den Richtlinien des Koran gestalten.
Die „Süleymanci“, die im europäischen Ausland über 200 Moscheen kontrollieren, verbreiten ihre Propaganda vor allem über Korankurse, „Schüler- und Studentenheime“. Jährlich werden Tausende von Kindern und Jugendlichen regelrecht einer Gehirnwäsche unterzogen.
Die „Süleymanci“ sind in der Bundesrepublik Ende der 70er Jahre durch einen besonderen Vorfall in Erscheinung getreten. 1979 stellte das Islamische Kulturzentrum Köln beim Land NRW den Antrag, als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ anerkannt zu werden. „Während kleinere Gemeinden wie die jüdische oder die russisch-orthodoxe das Privileg einer solchen Anerkennung genießen, wird dem Islam dieses Recht vorenthalten“, lautete ihr Argument.
Da es ja im Islam keine einheitliche Kirche gab, suchten auch deutsche Behörden nach einem Gesprächspartner, der die Vertreterrolle übernehmen konnte. Der „Süleymanci“ ging es vor allem um die Ausweitung ihrer Lehren.
Durch diese Rechnung machte der DGB einen Strich. Karl Schwab, der damals im Vorstand des DGB verantwortlich für die Belange ausländischer Arbeitnehmer war, schrieb einen Brief an Ministerpräsident Johannes Rau (SPD), in dem er ihn auf die Gefahren eines solchen Schrittes aufmerksam machte: „Die Sekte der ,Süleymanci‘ ist eine fundamentalistische Vereinigung. Während des Zweiten Weltkrieges verbreitete sie in der Türkei die Propaganda, daß Hitler Muslim sei. (...) Anhänger der ,Süleymanci‘-Bewegung haben in Jugoslawien die islamischen SS-Einheiten gebildet.“
Was die „Süleymanci“ in den 70er Jahren nicht schafften, gelang ihnen am vierten Einheitstag: Durch die zweithöchste Persönlichkeit in diesem Staat wurden sie hoffähig gemacht.
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