: Voscheraus Krieg gegen Weiland
■ Steuert Voscherau die Kampagne gegen Ex-Busenfreund Gerd Weiland? Von Florian Marten
Für den Stahlunternehmer, Rechtsanwalt und SPD-Politiker Gerd Weiland kommt es immer dicker. Nach dem Verlust seines einflußreichen Amtes als Vorsitzender des Haushaltsausschusses, seinem Rückzug aus den Hamburger Stahlwerken (HSW) und der Forderung nach Verzicht auf seine Anteile an der Westdeutschen Drahtindustrie (WDI) geht es nun ans Eingemachte: An Geld und Ruf.
Laut „Focus“ will jetzt Finanzsenator Ortwin Runde einen 10-Millionen-Mark-Kredit, den Weiland einst zum Erwerb seines WDI-Anteils erhielt, gerichtlich einklagen. Weiland habe Zahlungsfristen verstreichen lassen. Und: Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht immer neue Medien immer neue Geschichten über den Weiland-Stahlfilz berichten.
Zwar hatte die taz hamburg den Filzskandal vor Jahren als erste publik gemacht, doch erst die gezielte zusätzliche Munitionierung von Bild und Abendblatt aus Regierungskreisen – gemeinhin überaus „staatstragende Blätter“, so ein Voscherau-Intimus, wenn es um Geschäfte und Machenschaften der rechten SPD geht – haben die Lawine öffentlicher Kritik gegen Weiland so richtig ins Rollen gebracht. Selbst die Hamburger CDU, in Sachen Filz-Vorwürfe gegenüber der SPD gemeinhin überaus vorsichtig, da sie selbst an vielen Stadtstaatsgeschäften mitbeteiligt ist, traute sich jetzt, Weiland öffentlich zum Abschuß freizugeben.
Auch wenn – naturgemäß – direkte Beweise fehlen: Fast alles spricht dafür, daß Henning Voscherau Initiator der Kampagne gegen seinen Mitwisser und alten Kumpel Gerd Gustav Weiland ist. Erstes Indiz: Die Attacken gegen Weiland wurden zweimal über den früheren Landesbank-Chef Hans Fahning geführt, zuletzt vor zwei Wochen vor dem Wirtschaftsausschuß der Bürgerschaft: Weiland, so die Botschaft des Voscherau-Beauftragten für den Verkauf der HSW, blockiere gegenwärtig den Verkauf der HSW an die Badischen Stahlwerke. Diese ungenierte Offenheit faszinierte die zaudernde CDU derart, daß sie umgehend eine Anti-Weiland-Attacke einleitete.
Zweites Indiz: Aus Senatskreisen und jüngst gegen den Willen von Stattpartei-Senator Rittershaus wanderten Insider-Informationen mit Anti-Weiland-Touch an das Abendblatt.
Drittes Indiz: Mit dem Wandsbeker SPD-Chef Günter Elste hat sich Voscheraus wichtigster Vasall von Weiland öffentlich zwar vorsichtig, aber doch unmißverständlich abgesetzt.
Viertes Indiz: Bis auf die taz hat keines der Springerblätter ernsthaftes Interesse für die Verwicklungen Voscheraus in die Stahlfilzaffäre gezeigt.
Dabei hat Weiland nach Informationen der taz seine Stahlwerksgeschäfte immer einem kleinen Kreis von Genossen und Verwaltungsbeamten offenlegen müssen, ein Kreis, zu dem immer auch der Notar Dr. Henning Voscherau zählte.
Bereits 1983 wurden schließlich im Büro Voscherau die Weiland-HSW-Verträge abgeschlossen. Parallel dazu sorgte Voscherau als Fraktionschef für den glatten parlamentarischen Gang der Dinge, ein Geschäft, beim dem auch der damalige Wirtschaftssenator Volker Lange, Wandsbeker Polit-Kompagnon von Voscherau und Weiland, mit im Boot saß. Kurz: Die gesamte Stahlfilz-Konstruktion ist Voscherau seit Jahren bekannt, er hat aktiv an ihr mitgewirkt.
In den vergangenen Jahren packten den Stadtchef allerdings Bedenken, ob die Öffentlichkeit bei Kenntnis aller Details noch ruhig bleiben würde. Weiland wurde zum Bauernopfer erkoren. Mit finanziellen Zugeständnissen (Betriebsrente, WDI-Besitz), so schien es bislang, sollte dem Opfer der Abgang versüßt werden. Mit der Forderung nach WDI-Verzicht und Darlehensrückzahlung zieht Voscherau die Schraube jetzt allerdings erheblich enger an.
Politische Beobachter fragen sich jetzt, ob Weiland, dessen mit Insiderwissen gespickte Munitionskiste Voscherau überaus gefährlich werden könnte, nicht doch die Contenance verlieren und einen Rachefeldzug starten wird. Ein intimer Kenner der Akteure und ihrer Interessen meinte allerdings: „Das Ding riecht zwar eindeutig nach Voscherau, der für seine weitere Karriere fast alles tut. Aber: Weiland hat gute Nerven.“
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