piwik no script img

■ LesetipWider die Katastrophe

„Aussterben ist eine Tatsache der Geschichte des Lebens“, stellt der Paläontologe und Evolutionsforscher Niles Eldredge fest. Warum also sollte die Tatsache, daß die rote Liste der vom Aussterben bedrohten Arten gegenwärtig mit jeder neuen Auflage dicker wird, beunruhigen? Scheint doch die Evolution nach großen Aussterbewellen um so erfindungsreicher gewirkt zu haben. Eldredge wagt den Blick aus vergangenen Zeitaltern zurück in die Gegenwart. Aus den Mustern bekannter „biotischer Katastrophen“ versucht der Paläontologe eine allgemeine Theorie des Aussterbens zu entwickeln – mit Erfolg. Elegant und anekdotenreich führt er seine Leser durch die verschiedenen Erdzeitalter, macht ihn mit Theorien und Methoden der Geologie und Paläontologie vertraut. Sein Resümee klingt auf den ersten Blick erschreckend: Die weltweite biotische Katastrophe ist ein stetig wiederkehrendes Ereignis. Mit dem Aussterben alter Arten aber wird der Platz frei für eine neue Mannigfaltigkeit. Angesichts der gegenwärtigen Krise der biologischen Vielfalt jedoch läßt Eldredge das Argument, Aussterben sei nützliche Entwicklungshilfe für die Evolution, nicht gelten. Der Mensch hat, so die ebenso sinnvolle wie eigennützige Folgerung des Kurators am New Yorker Museum für Naturgeschichte, seinen Lebensraum zu erhalten und dazu möglichst viele seiner Mitkreaturen zu schützen. Ein bemerkenswertes und spannendes Paläontologiebuch – einmal ohne Dinosaurier im Brennpunkt. Andreas Sentker

Niles Eldredge: „Wendezeiten des Lebens. Katastrophen in Erdgeschichte und Evolution“. Spektrum Verlag, Heidelberg 1994, 307 S., 39,80 DM

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen