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Buchenwald-Überfall „schadete der BRD“

■ Prozeß: Sechs von acht Angeklagten, die die KZ-Gedenkstätte überfallen und dort randaliert hatten, wurden zu Strafen von bis zu 20 Monaten Knast verurteilt

Weimar/Berlin (AFP/AP/taz)

Drei der acht Angeklagten im Prozeß um den Überfall auf die KZ- Gedenkstätte Buchenwald sind gestern zu Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten auf Bewährung und 20 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Zwei der angeklagten Skins wurden vor dem Jugendschöffengericht Weimar freigesprochen, drei weitere zu Strafen verurteilt, die jedoch schon durch U-Haft abgegolten sind.

Der Hauptangeklagte, der zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt wurde, habe einen Österreicher beraubt und verletzt, gemeinsam mit anderen bereits 1992 ein Wohnheim von Vietnamesen angegriffen und Sachbeschädigung in Buchenwald begangen. Er bleibt weiter in Haft. Die Haftbefehle gegen die anderen wurden ausgesetzt.

Die Staatsanwaltschaft hatte für die acht angeklagten Skinheads Haftstrafen von zehn bis 24 Monaten gefordert. Sie warf den Skinheads gemeinschaftlichen Landfriedensbruch, die öffentliche Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und gemeinsame Sachbeschädigung vor. In seinem Plädoyer sagte Staatsanwalt Uwe Strebe, die Schändung der KZ-Gedenkstätte sei eine gezielte und gewollte, öffentlichkeitswirksame Tat gewesen. Diese habe dem Ansehen der Bundesrepublik im Ausland schwer geschadet. Nicht „um ihren Spaß zu haben“, sondern „um die Grenzen zu testen“, hätten die Skins die Fahrt unternommen. Die Tatsache, daß die insgesamt 23 Skins angetrunken waren, könne nicht zu einem milderen Urteil führen. Sie hätten bewußt getrunken, um die Hemmschwelle herabzusetzen.

Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft sollte die Fahrt der Skins im gecharteten Bus von Gera zu einem Konzert von Skinheadbands im Allgäu führen. Weil das Konzert abgesagt wurde, sei die Gruppe nach Erfurt gefahren. An einer Raststätte habe einer aus der Gruppe einem türkischen Blumenhändler eine Geldkassette an den Kopf geworfen. Im Bus sei Skinheadmusik gespielt worden.

In Buchenwald sei die Gruppe gegen 18.30 Uhr eingetroffen. Von den insgesamt 17 jungen Leuten, die die Gedenkstätte betreten hätten, hätten einige am Steinekarren den Hitlergruß gezeigt und ihn beschädigt. Dann seien Steine geflogen.

Ein 23jähriger Angeklagter habe eine Angestellte der Gedenkstätte mit den Worten bedroht: „Dich verbrenn' ich eigenhändig.“

Gegen neun weitere mutmaßliche Schänder der KZ-Gedenkstätte hat die Staatsanwaltschaft Erfurt unterdessen Anklage erhoben. Damit sind jetzt 22 der 23 Beteiligten angeklagt.

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