: Lesbensex, live und in Farbe
■ Kann Porno feministisch und geil sein? Interview mit "Airport"-Regisseurin Manuela Kay
Noch bevor er das erste Mal überhaupt zu sehen war, löste er in den Medien die höchste Erregungsstufe aus – was zwar Sinn der Sache war, sich aber eigentlich auf die Lesbian community beschränken sollte: die Rede ist von „Airport“, dem ersten von Lesben gemachten deutschen Lesbenporno. Vor der Uraufführung auf der Kölner „feminale“ stürzten sich die JournalistInnen wie wild auf die Bilder einer Lederparty in einem Ostberliner Keller und Stewardessen, die auf dem Flughafenklo miteinander Sex haben. Das Interesse von Lesben an „ihrem“ ersten Porno ist riesig: Bisher standen die Frauen noch bei jeder Aufführung des No-budget-Films, den die Berliner Filmemacherinnen Manuela Kay und Silke Dunckhorst aus eigener Tasche finanziert haben, Schlange. Die Bremer Szene erwartet den heutigen Abend seit Wochen mit Spannung: „Airport“ wird heute abend im Rat&Tat-Zentrum gezeigt. Die taz sprach mit der Regisseurin Manuela Kay.
taz: Was ist an „Airport“ anders als an dem „Lesben“sex, der in jedem Beate-Uhse-Porno inszeniert wird?
Manuela Kay: Wenn in einem Hetero-Porno zwei Frauen Sex miteinander machen, wird das immer als die Lesben-Nummer verkauft, aber man kann nicht alles, was zwei Frauen sexuell miteinander machen, unbedingt Lesbensex nennen. Dazu gehört eine gewisse Ästhetik und eine gewisse Erotik, die rein lesbisch ist. Das haben wir versucht zu zeigen, und das ist etwas ganz anderes als das, was sich Heteros vorstellen.
Wie haben Lesben auf Eure Idee reagiert?
Die haben gesagt: Endlich, darauf warten wir ja schon lange. Viele haben zugegeben, daß sie aus lauter Not oft Hetero-Pornos gucken. Und Empörung gab es überhaupt nicht, keine, die Porno generell ablehnte. Empörung kam erst auf, als wir versuchten, alle zum Mitspielen zu überreden...
Kann Porno feministisch sein?
Unbedingt. Lesbensex öffentlich zu machen, finde ich an sich schon feministisch, weil man damit klar macht, daß Sexualität unter Frauen eigenständig und souverän sein kann. Und unser Porno trägt dazu bei, Lesben oder Frauen überhaupt als selbstbestimmte, sexuelle Wesen zu zeigen, die miteinander Spaß am Sex haben. Das ist ein sehr politisches Statement, weil es Frauen vom Objekt zum Subjekt macht. In unserem Film agieren lauter Sex-Subjekte miteinander, auf eine sehr selbstbewußte Art und Weise – es gibt keine Coming-Out-Problematik, keine Zweifel an der Sache, das ist alles ganz selbstverständlich.
Haben Lesben mit dem Film nun das bekommen, was sie an Sex sehen wollten?
Viele haben schon gesagt: Das ist das, was wir haben wollen. Es gab auch gleich viele Anregungen: mehr Oralsex, Mösen und Klitoris bitte in Großaufnahme, weniger Dildos, Wünsche nach mehr Körperlichkeit und Sinnlichkeit, mehr Härte... Ich habe aber das Gefühl, daß die meisten nicht richtig zugeben können, wenn sie geil werden. Und mit dem ersten Lesbenporno mußt du dann gleich alle Phantasien bedienen, das geht natürlich nicht. Lesben sind aber auch keine gewöhnlichen Porno-Konsumentinnen und haben etwas andere Ansprüche an Pornographie, die sie überhaupt nicht erfüllen kann: nämlich daß genau ihre eigenen Sexphantasien da umgesetzt werden. Meiner Meinung nach kann Pornographie nur bieten, Anstöße zu geben und Dinge aufgreifen, die man für sexuelle Phatasien hält – und der Rest muß sich dann in den Köpfen und Körpern der Frauen von alleine abspielen.
Der Porno kommt letztlich doch sehr soft daher. Keine Genitalien in Großaufnahme, die Lederfrauen sind sehr smart – habt ihr euch nicht richtig getraut?
Wir hatten vorher schon andere Filmexperimente mit Sex und Porno gemacht – und dabei die Erfahrung, daß die Lesben doch schockiert waren, wenn man das so platt abbildet. Wir haben ursprünglich auch sehr harte Szenen gedreht, uns aber für die softe Variante entschieden – um erstmal diese Hemmschwelle, sich Pornographie zu nähern, abzubauen.
Bisher wird der Film nur öffentlich gezeigt. Wollt ihr ihn auch als Video vermarkten?
Auf jeden Fall. Pornographie ist meiner Meinung nach überhaupt nicht für die Öffentlichkeit gemacht. Wir zeigen den Film in der Öffentlichkeit, um erstens die Pornodebatte neu aufzurollen – diesmal mit einem anderen Ausgang –, wir wollen ein Forum bieten, wo sich viele öffentlich dem Thema nähern können, und wir wollen unbedingt wissen, wie die Frauen darauf reagieren und damit umgehen. Und dann kommt die zweite Phase, für die eigentlich Pornographie gedacht ist – das nämlich im Wohnzimmer, oder im Schlafzimmer zu sehen, wo man diese Gefühle, die Porno in einem auslösen, auch sofort umsetzen kann. Fragen: Susanne Kaiser
Heute abend, 21 Uhr, Rat- & Tatzentrum - Ladies only
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