Auslese bei der Zulassung

Die Wirtschaftshochschule E.A.P. im Europa-Center bildet Diplomkaufleute aus / „Persönlichkeitsentwicklung spielt bei uns eine große Rolle“  ■ Von Matthias Fink

Eine international gemischte KommilitonInnenschaft, die drei Jahre zusammenbleibt und dabei verschiedene Länder kennenlernt: Das hört sich gut an. Ein Studienjahrgang, in dem drei Viertel der KommilitonInnen ausländisch sind und der trotzdem kleiner ist als an vielen staatlichen Hochschulen: Das ist in Berlin tatsächlich möglich, bei der E.A.P., die in einem Obergeschoß des Europa- Centers angesiedelt ist. Rund 140 StudentInnen absolvieren seit September ihr drittes Jahr in der Berliner Niederlassung der „École européenne des Affaires“ (Europäische Wirtschaftshochschule), die ihren Hauptsitz in Paris hat.

Im Studiengang Internationale Betriebswirtschaftslehre der privaten staatlich anerkannten Hochschule werden jedes Jahr rund 200 BewerberInnen zugelassen. Der Anteil der Deutschen liegt stets bei einem Viertel. Frankreich stellt mit vierzig Prozent die stärkste Gruppe, andere Nationen den Rest der Immatrikulierten, die alle einen Zwischenprüfungsabschluß in Wirtschaftswissenschaften mitbringen müssen.

Drei Jahre später sind die meisten von ihnen Diplomkaufleute – und außerdem UmzugsspezialistInnen. Je ein Jahr studieren sie in Oxford und in Paris, zwischen Madrid und Berlin können sie dann wählen. „Ich dachte vorher, es wäre elitärer, es ist aber vor allem international“, beschreibt Student Jörg Hölterhoff die Atmosphäre. Auf jeden Fall geht es hier ungewöhnlich zu.

Hella Dunger-Löper, Außenreferentin der Berliner E.A.P., beziffert den Anteil der „Herausgeprüften“ auf unter 5 Prozent. Noch geringer sei die Quote freiwilliger Studienabbrüche. Diese erstaunlichen Verhältnisse führt sie auf die Auslese bei der Zulassung zurück. „In Deutschland liegen die Chancen für Bewerber bei eins zu drei bis eins zu vier“ schätzt Dunger- Löper.

Schon die Anforderung, zwei der drei Landessprachen fließend zu sprechen, grenzt den Personenkreis ein. Studierende, die mehrsprachig aufgewachsen sind, sind wohl deswegen an der E.A.P. überproportional anzutreffen. An der Sprachhürde dürfte es auch liegen, daß fünf Jahre nach der Grenzöffnung nur wenige KommilitonInnen aus Osteuropa eingeschrieben sind. Oder erschreckt sie das aktuelle Vorlesungsverzeichnis, in dem immer noch die Rede ist von „Studenten, die aus dem Ausland nach Berlin zuziehen, d.h. vorher keinen Wohnsitz in Westdeutschland hatten“?

Das Bewerbungsverfahren umfaßt außer Sprach- und Intelligenztests auch Gespräche, die über die Biographie und das voraussichtliche Sozialverhalten der AnwärterInnen Aufschluß geben sollen. „Persönlichkeitsentwicklung spielt bei uns eine große Rolle“, begründet dies Hella Dunger-Löper.

Die Studienbedingungen an der E.A.P. sind diesem Ziel sicher zuträglicher als der Alltag einer Massenuniversität. Gelernt wird in kleinen Arbeitsgruppen, die von der Hochschule bewußt gemischt- national zusammengesetzt werden. Alle Dozenten (13 Männer und eine Frau) betreuen einzelne Studierende als Tutoren. Ein Network aus Ehemaligen stärkt die Identifikation mit der Lehrstätte und Verbindungen zu Firmen.

Praktika sichern Kontakte zu künftigen Arbeitgebern

Connections ergeben sich auch durch die dreimonatigen Praktika, die jedes Jahr abzuleisten sind. Eine Bilanz der E.A.P. nennt zahlreiche Firmen von Bertelsmann über Henkel, Commerzbank, L'Oreal bis hin zur Warsteiner Brauerei. „Bei denen klopft man dann natürlich auch mal danach an“, weiß Jörg Hölterhoff. Ein Jahr nach dem Diplom sind, Verbleibsstudien zufolge, fast 100 Prozent der E.A.P.-AbsolventInnen in Lohn und Brot, das durchschnittliche Einstellungsgehalt lag 1993 bei 75.000 Mark jährlich.

Die Zugehörigkeit zu diesem Kreis erfordert eine fragwürdige Arbeitsdisziplin. Während an staatlichen Hochschulen zunehmend „Freischuß“-Regelungen praktiziert werden, kann man bei Wiederholungsprüfungen an der E.A.P. stets nur 50 Prozent der vollen Punktzahl erreichen, was der deutschen Note 4 – „ausreichend“ – entspricht.

Und dann ist da noch die Sache mit den Finanzen. Einen großen Teil der Kosten übernimmt für alle E.A.P.-Filialen die Pariser Handelskammer. In Berlin fließen außerdem Gelder des Senats. Dort werden die Belange der E.A.P. wohl trotz der laufenden Sparwelle ein offenes Ohr finden. Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) erhielt hier 1990 seine erste Professur, von der er seit seinem Amtsantritt als Senator beurlaubt ist. In der Verwaltung der E.A.P. ist Gabriele Erhardt, Ehefrau des Wissenschaftssenators (CDU), als Betreuerin von EU-Projekten tätig.

Wie sich Studiengebühren auswirken, die Manfred Erhardt letztes Jahr für „Langzeitstudenten“ einführen wollte, kann man an der E.A.P. bereits studieren. Gewiß wird manchen die Finanzierung durch Kredite erleichtert. Einige wenige erhalten Bafög, das im Ausland die Studiengebühren übernimmt. Rund 9.000 Mark Gebühren pro Jahr dürften jedoch trotzdem dazu beitragen, daß auch in Zukunft die WirtschaftsstudentInnen in ihrem Turm am Tauentzien eine überschaubare, homogene Gruppe bleiben können.