: Zusammenlegung jetzt
■ Marlis Dürkop, HU-Präsidentin und Sprecherin der Hochschulrektorenkonferenz: "Eine Uni an vier Standorten"
taz: Die Neustrukturierung der Humboldt-Universität ist im wesentlichen abgeschlossen. Hat damit die Normalität Einzug gehalten?
Marlis Dürkop: In Teilen ja. Wir haben natürlich noch eine Menge Übergangsprobleme zu bewältigen. Insbesondere die Gebäude sind nicht gerüstet für einen Lehrbetrieb von diesem Umfang. Aber was die personellen und inneren strukturellen Veränderungen angeht, haben wir eine solide Basis.
Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Soweit ich das bisher übersehen kann schon. Wir haben eine gute Berufungspolitik, auch wenn das nicht in allen Fächern hundertprozentig geklappt hat. Die Personalübernahme ist bis auf ein paar Probleme abgeschlossen. Im Bereich der Verwaltung müssen wir sehen, wie sich die Reformen auswirken.
Wird der Aufbau durch die Sparpläne des Senats gefährdet?
Natürlich, wir bekommen die gleichen pauschalen Minderausgaben. Es trifft uns aber deswegen in einer anderen Weise als die FU und TU, weil wir eine gerade rundumerneuerte Universität sind. Wir wüßten nicht, wo wir jetzt den Schnitt ansetzen sollten.
Ist das Sparvolumen überhaupt umsetzbar?
Das ist kurzfristig nicht umsetzbar. Das trifft immer die Bereiche des Mittelbaus und der Verwaltung, das sind Nervstellen der Universität. Was die Professorenstellen angeht, hat die Humboldt-Universität in den nächsten Jahren pro Jahr maximal fünf bis zehn Stellen, die durch Altersausscheiden frei werden. Damit kann man die hundert Millionen nicht erbringen.
Halten Sie die Zielvorgabe des Hochschulstrukturplans mit 100.000 Studienplätzen in Berlin noch für realistisch?
Ich halte daran fest. Ob sich das Festhalten dann durchhalten läßt, ist eine andere Frage. Ich halte das für eine notwendige Größe für diese Stadt.
Was kann der Kooperationsbeirat der Berliner Universitäten dabei leisten?
Der Kooperationsbeirat kann nicht ein Modellprogramm für die Einsparung von hundert Millionen vorlegen. Er hat die Funktion, daß das Gespräch zwischen den Universitäten in Gang kommt.
Wie weit kann die Kooperation langfristig gehen?
Es könnte in eine Berliner Universität mit vier selbständigen Standorten münden, weil man dann die Fragen der Zuordnung von Stellen und des Angebots von Studienorten abstimmen könnte. Die einzelnen Standorte könnten ihre Profile besser ausbauen.
Die Erfahrungen aus anderen Ländern gehen in die entgegengesetzte Richtung: In Frankreich wurden die großen Unis auseinandergenommen.
Ich denke an selbständige Standorte unter dem Dach einer Berliner Universität nach dem französischen Modell. Als eigene Einheiten, aber so, daß man den Transfer von Personen und von Studienleistungen einfacher bewerkstelligen könnte. Die Studierenden betrachten uns doch heute schon als eine Universität.
Heißt das nicht, daß Sie sich freiwillig dem Diktat der Finanzpolitik des Senats unterwerfen?
Es ist kein Vorschlag zum Sparen, es ist ein Vorschlag zur besseren Abstimmung des Forschungs- und des Lehrangebotes. Das kann sogar teurer werden. Interview: Ralph Bollmann
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