: PDS holt in Berlin vier Direktmandate
■ CDU und FDP verlieren mehr als 10 Prozent / SPD in Ost und West über 30 Prozent / Rot-Grün hat relative Mehrheit
Die PDS hat in Berlin das Rennen für Bonn gemacht. Neben den Direktkandidaten Gregor Gysi, Christa Luft und Stefan Heym konnte sich auch der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Manfred Müller, eine satte Mehrheit sichern. Damit zieht die PDS auf jeden Fall in den Bundestag. Die PDS verfehlte ihr überraschendes Ergebnis der Europawahl im Juni von 15,9 Prozent mit nur knapp einem Prozent. Im Vergleich zur Bundestagswahl 1990 legte sie fünf Prozent zu.
Hätte die Republik wie Berlin gewählt, müßte Kanzler Kohl seinen Hut nehmen. Denn in der Hauptstadt muß die Union im Vergleich zu 1990 mit über acht Prozent eine drastische Einbuße hinnehmen und ist mit 31,2 Prozent nur noch zweitstärkste Partei in der Hauptstadt. Ihre Zahl von damals acht Direktmandaten ist auf fünf geschrumpft. Drei Mandate mußte sie an die SPD abtreten. Für die Wahlkreise Tiergarten/Wedding/Charlottenburg-Nord, Spandau und Kreuzberg/Schöneberg werden nun Jörg-Otto Spiller, Wolfgang Behrendt und Kurt Neumann in den Bundestag einziehen.
Bündnis 90/Die Grünen haben ihr einziges aussichtsreiches Direktmandat allerdings ebenfalls verfehlt: Kandidat Hans-Christian Ströbele unterlag mit 28 Prozent gegen Kurt Neumann. Da Ströbele nicht auf der Landesliste abgesichert ist, kann er nicht nach Bonn wechseln.
Bündnis 90/Die Grünen und SPD haben mit knapp 44 Prozent die relative, nicht aber die absolute Mehrheit. Die SPD konnte ihr Ergebnis von 1990 um fast vier Prozent auf 34 Prozent verbessern. Die Grünen verbesserten sich um zweieinhalb auf knapp 10 Prozent. Die FDP scheiterte nach der ersten Hochrechnung mit 4,9 Prozent an der Fünfprozenthürde.
Der Ostteil der Stadt gehört bei den Erststimmen der PDS. Von den dortigen insgesamt fünf Direktmandaten ging nur eins an die großen Parteien. In Treptow/Köpenick gewann Siegfried Scheffler von der SPD. Die unterlegenen Wolfgang Thierse und Thomas Krüger ziehen dennoch über die SPD-Landesliste nach Bonn.
Bei den Zweitstimmen, die über die Stärke der im Bundestag vertretenen Parteien entscheiden, ist die PDS in den Wahlkreisen Friedrichshain/Lichtenberg und Hellersdorf/Marzahn mit jeweils um die 37 Prozent stärkste Partei. Die SPD gewinnt in den übrigen drei Ost-Wahlbezirken mit rund einem Drittel der Stimmen. Die CDU schnitt in Mitte/Prenzlauer Berg mit 16,4 Prozent am schlechtesten und in Tempelhof mit 44,6 Prozent am besten ab.
Die SPD erzielte in Spandau mit 39 Prozent ihr bestes und in Zehlendorf mit 30,7 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis.
Die „Republikaner“ erreichten in Berlin nur noch 1,9 Prozent und haben damit kräftig verloren. Die Grauen konnten ihr Ergebnis von 1990 (0,8 Prozent) auf 1,5 Prozent verdoppeln. Dirk Wildt
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